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■ Mit dem Zugang zur Bombe auf du und duWer hilft bezahlen?

Berlin (taz) – Das Problem Frankreichs war schon in den fünfziger Jahren dasselbe wie heute: ein unabhängiges, autonomes Atomprogramm ist für ein Land in der Größenordnung Frankreichs eigentlich zu teuer. Die ökonomische Rationalität spricht zwingend für einen Partner, und da kamen nach Lage der Dinge nicht viele in Frage.

Großbritannien setzte auf seine special relationship zu den USA und lehnte sich in seiner Atomrüstung von Beginn an eng an Washington an. Da die Beneluxländer einfach zu klein sind, blieben nur Italien und vor allem die Bundesrepublik. Auf Einladung der damaligen Pariser Regierung reiste der frisch ernannte Verteidigungsminister Strauß 1957 in die französische Sahara, um sich den Bauplatz des zukünftigen Atomtestgeländes anzuschauen.

Es blieb jedoch nicht beim Sightseeing, Strauß setzte eine Expertenkommission ein und ließ die deutsch-französische Atomachse durchrechnen. Das Angebot aus Paris hatte aus deutscher Sicht vor allem einen Schönheitsfehler: Die Bundesregierung sollte zahlen, doch die letztendliche Kontrolle über die Bombe wollten die Franzosen nicht teilen. Die Deutschen sollten in Krisenzeiten einen gesicherten Zugang zur französischen Atomwaffe erhalten – was immer das konkret geheißen haben mochte.

Die Probe aufs Exempel wurde nicht mehr gemacht, der erste deutsch-französische Anlauf zu einer Atomachse erledigte sich von zwei Seiten. Einmal kam in Paris Charles de Gaulle im Frühjahr 58 an die Macht, für den eine Zusammenarbeit mit den Deutschen ausgerechnet bei der Force de frappe, dem Allerheiligsten der französischen Souveränität, nicht in Frage kam und der deshalb alle Vereinbarungen widerrief.

Zum anderen waren die USA mittlerweile soweit, daß sie ihren Nato-Partnern zumindestens den Beginn einer nuklearen Kooperation anzubieten bereit waren. Auf dem Nato-Gipfel im Dezember 1957 erklärten die USA, sie würden auf Wunsch in allen westeuropäischen Mitgliedstaaten Atomsprengköpfe lagern und diese im Krisenfall, nach Freigabe durch den US-Präsidenten, den Verbündeten auch zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollte die gemeinsame Herstellung von Atomwaffen zumindestens geprüft werden. Im Mai 1959 unterschrieben die BRD und die USA dann ein Nuklearabkommen nach dem Vorbild bilateraler Abkommen der USA mit Großbritannien und den Niederlanden.

Die USA hofften durch die Teilhabe an der Bombe die nationalen Begehrlichkeiten innerhalb der Nato eindämmen zu können. Politisch aber waren so mitnichten alle Begehrlichkeiten zu den Akten gelegt. Immer wieder flackerte das Drängen auf außenpolitische Normalisierung – und das hieß auf Bombenzugang wie Frankreich und Großbritannien – gerade in der Bundesrepublik auf. Und die aus den bilateralen Abkommen resultierende Zwei-Schlüssel- Gewalt für die Pershing 1a sollte noch für erhebliche Probleme sorgen. Jürgen Gottschlich

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