: „Was ist das für eine Kungelei?“
■ Die Ablösung des BLG-Chefs Stuchtey provoziert viele Fragen / Antworten fehlen
„Was ist das für eine Kungelei“, fragte der AfB-Abgeordnete Dieter Hettling gestern empört im Parlament. Thema der Aktuellen Stunde: der überraschende Rauswurf des BLG-Chefs Professor Stuchtey (vgl. taz 5.9.). Drei Tage vorher hatte die Häfen-Deputation getagt – kein Wort sei darüber gefallen, beschwerte sich Hettling. Seit Jahren forderten die Häfen-Politiker, er selbst auch, eine Strukturreform der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG), die seit den 60er Jahren das Monopol des Häfenumschlages innehat. „Seit fünf Jahren ist nichts passiert.“
Nachdem Anfang 1994 der Hafen-Experte Prof. R.Stuchtey Vorsitzender des BLG-Vorstandes geworden sei, habe die BLG selbst diesen Reformimpuls deutlich aufgenommen und Anfang des Jahres einen sogar Vorschlag zur Strukturreform vorgelegt – der sei bisher heute der Fachdeputation nicht einmal vorgelegt worden. Hettling über den Hintergrund: „Die ÖTV weigert sich, sich damit zu befassen“, und dies sei offenbar der tiefere Grund für die Absetzung des BLG-Chefs Stuchtey Anfang der Woche. Denn, so Hettling, „der hatte versucht, in diesem Laden etwas zu bewegen“.
ÖTV-Bezirkssekretär Holger Wohlleben ist selbst stellvertretender Vorsitzender in dem paritätisch besetzten Aufsichtsrat. Zu der Frage, ob er mit Stuchtey über kreuz gewesen sei, will Wohlleben sich nicht äußern: „Der Fall ist für mich durch die Beurlaubung Stuchteys erledigt.“ Ob Stuchtey was gegen ...? „Ich kann nicht beurteilen, was Herr Stuchtey über mich gedacht hat“, wehrt Wohleben auf Nachfrage der taz ab.
Auch die deutliche Aufforderung des Grünen-Abgeordneten Fücks, der Senator sollte doch einmal erläutern, welche unternehmenspolitischen Zielkonflikte zur Ablösung von Stuchtey geführt hätten, antwortete Beckmeyer nur, die BLG müsse wieder Gewinne einfahren.
Genau dies aber ist das Ziel von der Strukturreformen, die das Häfenressort seit Jahren nicht vorantreibt und die Stuchtey gefordert hat: Stuchtey wollte, so Fücks, die BLG aus der „Umarmung durch das Ressort“ hinausführen. Die Ökonomie der BLG sei in keiner Weise transpartent, über die ökonomische Effizienz könne niemand etwas genaueres sagen – nicht einmal Pacht werde der BLG in Rechnung gestellt für die Hafenflächen, die sie nutze.
In dem vertraulichen Strukturkonzept des BLG-Vorstands wird dies in drastischen Worten beschrieben: „wesentliche Inhalte“ der Verträge zwischen Stadtgemeinde und BLG seien „obsolet“, heißt es da. „Die derzeitige Struktur der BLG behindert marktnahe Anpssungen sowohl auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite“, schreibt der BLG-Vorstand über seine Beschränkungen durch das Häfenressort. Die EG untersage zudem staatliche Monopolstrukturen, bei denen es durch versteckte Subventionen zu Wettbewerbsverzerrungen kommt. Die Betriebsführung müsse nicht behördlichen, sondern kaufmännischen Grundsätzen unterliegen. Andere Hafenunternehmen, „mit denen wir uns messen müssen“, könnten „viel dynamischer agieren“.
Beckmeyers Antwort: Er sei gegen „Scheinlösungen“, es gehe darum, daß die „Company“ wieder gewinne einfahre, und man habe ein EG-Gutachten, das den rechtlichen Zwang zur Anpassung an Wettbewerbsstrukturen verneine.Der AfB-Abgeordnete Hettling, der das Thema eingebracht hatte, äußerte am Ende den Verdacht, daß der Senator die an ihn gestellten Fragen nicht beantwortet hätte. K.W.
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