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Krieg in der Duma

■ Rußlands Parlament will ein stärkeres Engagement Moskaus in Bosnien

Moskau (dpa/AFP) – Der Bosnien-Krieg hat auch in Moskau seine Auswirkungen. Jetzt will der frühere orthodoxe Geistliche und demokratische Duma-Abgeordente Gleb Jakunin den nationalistischen Abgeordneten Nikolaj Lissenko wegen Diebstahls verklagen. Lissenko habe ihm bei einem Handgemenge während der Bosnien-Debatte am Samstag sein Kreuz entrissen und sich anschließend geweigert, es zurückzugeben, sagte Jakunin. An der Rauferei waren zunächst Lissenko, Jakunin und der Ultrarechte Vladimir Schirinowski beteiligt. Während Lissenko dem früheren Geistlichen das Kreuz entriß, zog Schirinowski die Abgeordnete Jewgenja Tischkowskaja, die Jakunin zur Hilfe kommen wollte, an den Haaren.

Zuvor hatten die Nationalisten ein stärkeres russischen Engagement im Bosnien-Krieg nur verbal gefordert. Freiwillige sollten entsandt, das Waffenembargo und die Sanktionen gegen Serbien aufgehoben werden. Außenminister Andrej Kosyrew solle endlich seinen Hut nehmen, denn er sei ein Lakai des Westens.

Lautstark eingeklagt wurde vor allem ein stärkeres russisches Engagement auf dem Balkan. Der zentristische Abgeordnete Sergej Schachrai sagte: „Rußland muß mit allen Kräften die Welt vor der Entfesselung eines neuen Weltkriegs bewahren.“ Der Chef der russischen Kommunisten, Gennadi Sjuganow, erklärte: „Im Grunde ist die Entfesselung des dritten Weltkriegs gerade im Gange.“

Präsident Jelzin müsse angesichts der Nato-Luftangriffe in Bosnien einen härteren Kurs gegenüber dem Westen einschlagen und eventuell die „Nato-Partnerschaft für den Frieden“ aufkündigen. Außerdem müsse der UN-Sicherheitsrat bei einer Sondersitzung „die Verantwortung der Nato für die Aggression in Bosnien“ prüfen. All diese Forderungen nahm das russische Parlament mit der eindeutigen Mehrheit von 258 Ja- und nur zwei Neinstimmen an. Drei Abgeordnete enthielten sich.

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