: Styling für guten Zweck
■ Bundesweiter Wettbewerb für Barbie-Frisuren / Spenden für Mukoviszidose-Verein
Orange und blau ist das Haar der Barbie-Puppe, die am Ostertorsteinweg im Schaufenster des Friseursalons Deeke sitzt. Die einst engelblonden Stränchen der „begehrtesten Traumfrau der Welt“ (Mattel) sind über dem Kopf zu einem strubbeligem Zopf zusammengebunden. Und siehe da: Das makellose Gesicht der Plastik-Schönheit, die mit ihren wasserblauen Augen ansonsten eher arglos in die Weltgeschichte blickt, bekommt plötzlich einen wachen, fast kritischen Blick.
Punk-Barbie, eine Schöpfung der zehnjährigen Farina, würde sich vermutlich in ihrer neuen Rolle gefallen: Das vollbusige Schönchen, das Feministinnen von je her zur Weißglut treibt, sammelt Geld für kranke Kinder. Auf der Suche nach Deutschlands bestfrisiertester Barbie rasselt die Firma Wella mit dem Klingelbeutel für den Verein Mukoviszidose. Der Verein unterstützt Kinder, die an dieser unheilbaren und tödlichen Stoffwechselkrankheit leiden.
Bundesweit beteiligen sich rund 2.000 Friseure an dem Wettbewerb. Ihr fachliches Können ist allerdings nicht gefragt: Barbie muß von Kinderhand gestylt sein. Stattdessen stiften die Coiffeure die Sammelbüchse auf dem Tresen und die Preise für die Nachwuchs-FriseurInnen. Bis Mitte September können die sich mit ihren Barbies bei den Salons bewerben – die Prachtexemplare werden im Schaufenster ausgestellt.
Jeder Salon prämiert die drei originellsten Frisuren. Die findigen Nachwuchs-FriseurInnen werden mit einer „Cut & Style“ Barbie inklusive Haarteil, pinkfarbener Plastikschere und bunten Haarbändern belohnt. Die schönste Barbie aus jedem Salon fährt zur Regionalausscheidung nach Hamburg, München, Düsseldorf, Leipzig oder Darmstadt, um die bestfrisierteste Barbie Deutschlands zu finden. Ihrer Friseurin winkt eine Reise nach Florida zum Walt-Disney-Park.
„Natürlich ist das eine unheimlich gute PR-Aktion für uns“, gibt Carola Wacker, Pressesprecherin von Wella unumwunden zu. „Aber so wie es aussieht, werden wir am Ende der Aktion einen sechsstelligen Betrag als Spende überweisen können. Ist das nichts?“ Außerdem will Wella mit der Aktion das Image der FriseurInnen aufbessern. „Die Aktion soll zeigen, daß man auch soziale Verantwortung übernehmen muß“, umreißt Carola Wacker das Konzept.
Die Idee kam den Wella-Marketing-Leuten im vergangenen Jahr als Barbie 30 Jahre alt wurde. „Wir wollten Barbie aber nicht nur als Mode- und Kunstobjekt sehen, sondern die Puppe auch für einen guten Zweck einsetzen. Kinder sollten etwas für Kinder tun“, betont Carola Wacker.
Davon ist auch Christa Deeken angetan. „Die Kinder kommen strahlend in den Salon und geben ihre Barbie-Puppen ab. Das finde ich einfach schön. Und wir haben natürlich auch was davon: Unser Fenster sieht jetzt nicht so typisch nach Friseur aus, sondern es ist etwas ganz besonderes.“
In der Tat drücken sich die Kinder am Deeke-Schaufenster die Nase platt, um Punk-Barbie und ihre Schwestern zu bewundern. „Manche Kinder kommen jeden Tag am Fenster vorbei, nur um ihre Barbie-Puppe zu sehen.
Die müssen ja auch ganz schön lange auf ihre Barbies verzichten“, lacht Christa Deeken. „Es ist einfach schön, zu sehen, wie viel Phantasie die Kinder entwickeln“, freut sie sich und deutet auf die Barbie-Puppen im Fenster. Die Sammlung läßt sich sehen: Neben der Punk-Barbie haben schon eine Reihe gut gestylter Barbies Platz genommen.
Der Phantasie sind offenbar keine Grenzen gesetzt. Da zieren brave Bauernzöpfe Barbies Haupt ebenso wie geflochtene Teufelshörner. Eine Barbie hat ihre Haare kunstvoll geflochten und ballonartig hochgesteckt. Sie trägt ein blaues Abendkleid aus Satin. Ob die zehnjährige Silvana damit eine Chance hat? „Ich weiß es wirklich noch nicht“, lacht Christa Deeken. „Ich will da nicht zu fachmännisch rangehen. Ich werde mir noch unabhängige Jury-Mitglieder suchen, die mir bei der Entscheidung helfen.“
Für die Aktion hat die Friseur-Meisterin einiges investiert. Das Paket mit den Werbeplakaten und den Pappschildern fürs Fenster hat sie von Wella bekommen. Die drei „Cut & Style“ Barbies, mit denen die Salon-Siegerinnen belohnt werden sollen, haben 100 Mark gekostet. Ein Einsatz, der sich für Christa Deeken gelohnt hat. „Es macht Spaß, und es ist außerdem für einen guten Zweck.“
kes
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