■ Durchbruch bei der Makedonien-Konferenz in New York?: Späte Reue
Das unselige Makedonien-Problem ist der Lösung nahe. Die Griechen beenden – möglichst innerhalb Monatsfrist – ihr Embargo gegen den Nachbarstaat. Der verzichtet dafür auf den „Stern von Vergina“ in der Flagge, der aus griechischer Sicht den Anspruch nationalistischer Slawomakedonier auf den griechischen Teil Makedoniens symbolisiert. Ausgeklammert bleibt zunächst die Namensfrage: eine Wunde, die wohl nur die Zeit – sprich der Segen künftiger wirtschaftlicher Zusammenarbeit – heilen wird.
Warum gerade jetzt? Es war Clintons Balkan-Krisenmanager Richard Holbrooke, der die New Yorker Verhandlungsrunde anberaumt hat. Innerhalb des Szenarios einer zügig herbeigebombten Bosnien- Konferenz kann jeden Moment die Aufhebung der Sanktionen gegen Serbien-Montenegro anstehen. Da ein großer Teil des Handels dann über den Hafen Thessaloniki laufen wird, muß die Route über Skopje freigeräumt werden. Das griechische Embargo ist also ein lästiges Hindernis für die größere Balkanlösung.
Warum erst jetzt? Auch wenn der Durchbruch erzielt ist, er kommt zu spät. Die historische Ironie liegt darin, daß er schon im Sommer 1992 möglich war. Damals hätte die Regierung in Skopje sogar den Namen „Slawomakedonien“ geschluckt. Jetzt kann sie das nicht mehr, weil die albanische Minderheit durch das ethnische Attribut ausgeschlossen wäre. Die Welt hat sich an den neuen alten Staatsnamen längst gewöhnt.
Dies nicht vorauszusehen, war der dümmste Aspekt einer verblendeten Athener Politik. Die Art, wie die gesamte politische Klasse im Namen phantasierter nationaler Interessen tatsächliche nationale Belange beschädigt hat, grenzt an Selbstverstümmelung. Bei den europäischen Partnern wurde das tiefsitzende Vorurteil befestigt, daß Griechenland keinen Beitrag zur Lösung der Balkankrise leisten kann, weil es selbst ein Teil der Krise ist. Was dazu führte, daß die EU-Partner auch dann nicht reagieren, wenn griechische Interessen tatsächlich gefährdet sind, wie im Fall türkischer Kriegsdrohungen im Ägäis-Konflikt.
Haben die Kontrahenten, wenn auch verspätet, doch noch die Kurve gekriegt? Gligorov ganz sicher: Er besitzt die nötige parlamentarische Mehrheit, um auch eine Flaggenänderung durchzudrücken. Die Regierung Papandreou jedoch ist akut gefährdet. Eine parteiinterne „makedonische Opposition“ könnte zum Sturz der Regierung führen. Letzte Ironie: Dann hätte Kiro Gligorov aus Skopje zum zweiten Mal – nach der Regierung Mitsotakis – seinen Athener Gegenspieler zu Fall gebracht. Niels Kadritzke
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