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Sudans Regierung: Wir haben alles unter Kontrolle

■ Harte Reaktion auf die schwersten Unruhen seit Amtsantritt des islamistischen Militärregimes / Protest gegen Verhaftungen und verschärfte Wirtschaftskrise

Berlin (taz) – Sind die Tage des islamistisch gestützten Militärregimes in Sudan gezählt? Nachdem mehrere Tage lang Unruhen die Hauptstadt Khartum erschütterten, scheint zumindest die demokratische Opposition daran zu glauben. Das Oppositionsbündnis „Nationale Demokratische Allianz“ rief gestern Armee und Polizei auf, sich dem „Aufstand“ anzuschließen und die Militärjunta unter General Omar al-Baschir zu stürzen. Es hofft damit offenbar auf eine von Soldaten gestützte Volkserhebung – das übliche Mittel eines Regierungswechsels in dem nordostafrikanischen Land.

In den verwüsteten Straßen der Hauptstadt Khartum patrouillierten gestern schwerbewaffnete Anti-Aufstands-Einheiten der Polizei. Am Dienstag abend hatte die sudanesische Regierung nach einer Krisensitzung harte Maßnahmen gegen „subversive“ Aktionen angekündigt und die Bevölkerung aufgefordert, ihre „normalen“ Aktivitäten wiederaufzunehmen. Noch in der Nacht begannen Soldaten alle Fahrzeuge zu durchsuchen, die in die Hauptstadt oder aus ihr hinausfuhren. Das Innenministerium bestätigte ägyptische Berichte, bei der Niederschlagung der Proteste der vergangenen Tage seien zwei Menschen getötet worden. Verantwortlich für die Unruhen, hieß es, seien Kommunisten und „äthiopische Elemente“.

Es scheint zwei unmittelbare Auslöser für die Protestwelle gegeben zu haben: zum einen die Festnahme von drei Studenten, zum anderen die am Samstag verfügte Brotpreiserhöhung um 30 Prozent. Nach einem Bericht der staatlichen sudanesischen Zeitung al-Engas al-Watani begannen die Proteste am Montag mit einem friedlichen Studentenmarsch auf dem Campus der Wissenschaftlich- Technischen Fakultät der Universität, der in „Subversion“ umgeschlagen sei: „Als die Studenten das Stadtzentrum erreichten, stieß eine Gruppe von Störern und Saboteuren hinzu, die fünf Motorräder und vorbeifahrende Autos in Brand setzte“, hieß es. Dann sei die Polizei eingeschritten. Ägyptische Zeitungen schrieben, die Polizei habe mit scharfer Munition auf die etwa 3.000 protestierenden Studenten geschossen, um ihren Marsch zu stoppen, und die Demonstranten hätten zeitweilig die einzige Brücke über den Nil besetzt, die die Städte Khartum und Omdurman miteinander verbindet. Am Dienstag seien auf den Demonstrationen Transparente mit Aufschriften wie „Das Volk hungert!“ aufgetaucht. Die Polizei habe Hauptstraßen gesperrt, um den Zustrom weiterer Menschen zu den Protesten zu verhindern. Auch Omdurman, die Hafenstadt Port-Sudan und Wad-Madani, 100 Kilometer südlich von der Hauptstadt Khartum, waren Schauplätze von Demonstrationen. Ein Gefängnis wurde gestürmt.

Das Militärregime in Sudan, das 1989 durch einen Putsch an die Macht kam, ist immer wieder von Menschenrechtsorganisationen heftig kritisiert worden. „Die Unterdrückung richtet sich insbesondere gegen Oppositionspolitiker, Studenten, Journalisten, Gewerkschaftler und Frauen“, schrieb unlängst amnesty international und berichtete von „Hunderten von Folterfällen in geheimen Haftzentren“. In den vergangenen Monaten wurden mehrmals prominente Oppositionsführer festgenommen. Schon am 29. Juli demonstrierten nach Oppositionsangaben mehrere tausend Studenten gegen Präsident Baschir, als er die Universität von Khartum besuchte. Die Polizei mußte einschreiten und Baschir durch einen Hinterausgang hinausbringen. In Reaktion auf diesen Vorfall entließ Baschir am 12. August den Innenminister, den Polizeichef und die Leiter der Geheimdienste. Am 2. September verhafteten die Sicherheitskräfte Aktivisten der illegalen Kommunistischen Partei.

Die neuesten Entwicklungen sind für die Opposition ein Zeichen der Hoffnung. Zuversichtlich dürfte sie auch die neueste Bemühung der Regierung stimmen, ihre Lage schönzureden: Der Staatsminister im Außenministerium, Ghasi Salah Addih, sah sich gestern genötigt, zu dementieren, daß seine Regierung die Kontrolle verloren habe. Dominic Johnson

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