: Übernahmegerüchte für den Bremer Vulkan
■ Mehrheit des aktienkapüitals in ebnglischem und US-Besitz?
In den Betrieben der Bremer Vulkan-Verbund AG wächst angesichts der Gerüchte über die Zukunft des Konzerns die Unruhe. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates, Karl-Heinz Schönberger, hält nun auch eine Übernahme des Konzerns durch ausländische Banken für denkbar. Eine US-Anlegerfirma könnte an der Übernahme interessiert sein, befürchtete der Gewerkschafter am Samstag. Als Folge sei langfristig die Schließung westdeutscher Unternehmensbereiche zugunsten der Werften in Mecklenburg-Vorpommern zu befürchten.
Für Schönbergers gibt es Anzeichen dafür, daß fast 50 Prozent der Vulkan-Aktien in der Hand amerikanischer und englischer Banken sein könnten. Der rege Umsatz von Vulkan-Papieren habe in den vergangenen Wochen ein mehrheitsveränderndes Volumen erreicht. Vulkan-Vorstandschef Friedrich Hennemann hatte nach seinem Rücktritt am vergangenen Montag angedeutet, eine „Übernahme“ des Konzerns sei nur mit Mühe verhindert worden, in der siebenstübndigen Sitzung des Aufsichtsrates habe erreicht werden können, daß es eine „Übergabe“ durch ihn selbst an einen möglichen Nachfolger als Vorstandsvorsitzenden gebe. Der Vertreter der Commerzbank, Müller-Gebel, hatte in einer wenuig beachteten Nebenbemerkung angedeutet, nicht die Commerzbank, sondern andere, auch ausländische Banken hätten ihr „Stillhalten“ in der problematischen Liquiditätssituation von einer Ablösung Hennemanns abhängig gemacht.
Die Vulkan-Aktie war zeitweilig im Zusammenhang mit Liquiditätsproblemen und bevorstehenden personellen Veränderungen in der Konzernspitze auf den bisherigen Tiefstkurs unter 60 Mark gefallen. Das Papier erholte sich nur langsam und lag am Freitag bei 64 DM.
Hennemann hatte seinen Rücktritt angeboten und damit offenbar den Weg für einen Bankenkredit von 300 Millionen DM für den Vulkan freigemacht. Zwei Vorstandsmitglieder waren fristlos beurlaubt worden. Nach Spekulationen des Nachrichtenmagazins „Focus“ mehren sich die Zweifel, ob Hennemann wirklich gehen wird. Der angekündigte Rückzug habe die Bankenvertreter im Aufsichtsrat nur beruhigen sollen, schrieb das Blatt.
Ein Sprecher des Bremer Sensats bestätigte am Sonntag weitere „Focus“-Angaben, wonach die Landesregierung von der kommenden Woche an über ein Standortkonzept des Vulkan für die Unterweser-Werften beraten will. Der Senat hatte das seit Freitag vorliegende Konzept mehrfach angemahnt und für einen EU-konformen Antrag rund 200 Millionen DM an Landesmitteln in Aussicht gestellt. Der Senatssprecher dementierte jedoch andere „Focus“-Angaben: Danach sieht das Vulkan-Konzept 50 Millionen DM an Neuinvestitionen vor, der Rest zu den 200 Millionen DM soll zum Ausgleich von Altverlusten und zur Abdeckung von Risiken dienen.
Der Wirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Harald Ringstorff (SPD), hat unterdessen vor einem Streit innerhalb der Schweriner Landesregierung um die Werftenpolitik gewarnt. Die Auseinandersetzung gefährde Arbeitsplätze im Land, schrieb die „Schweriner Volkszeitung“ am Samstag. Der Vulkan-Konzern gehört dort mit derzeit etwa 6 000 Beschäftigten zu den größten privaten Arbeitgebern.
Die CDU Mecklenburg-Vorpommerns will sich einen genauen Überblick verschaffen, ob jede Mark der millionenschweren staatlichen Zuschüsse für die ostdeutschen Werften an der richtigen Stelle investiert wurde. Dies betreffe auch die Tochterunternehmen des Bremer Vulkan in Wismar und Stralsund, sagte die Landesvorsitzende der CDU, Angela Merkel. „Wir waren und sind nicht glücklich über den vom Vulkan beschlossenen Personalabbau, der allein in Wismar und Stralsund 1.600 von jetzt noch rund 4.000 Mitarbeitern treffen soll“, sagte Merkel. Daher müsse mit der neuen Vulkan-Führung über verträglichere Lösungen gesprochen werden.
dpa/taz
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