: Felipe und der böse Banker
■ Skandal-Bankier Mario Conde soll Spaniens Regierungschef erpreßt haben
Madrid (taz) – Eine dümmere Ausrede hätte der Regierung González kaum einfallen können. All ihre Skandale habe sie „einem Verräter aus dem Militär und einem Bankier“ zu verdanken, sagte PSOE-Sprecher Cipriá Ciscar. Der ehemalige Chef der Großbank Banesto, Mario Conde, soll seit März mit Hilfe des ehemaligen Agenten des militärischen Abschirmdienstes CESID, Juan Alberto Perote, versucht haben, Ministerpräsident Felipe González zu erpressen. Als dies nicht gelang, hätten die beiden der Presse gestohlene Unterlagen aus dem CESID-Archiv zugespielt. Der Skandal um den schmutzigen Krieg der GAL, der in den achtziger Jahren 28 Menschen aus dem Umfeld der baskischen ETA zum Opfer fielen, sei damit erst so richtig ins Rollen gekommen. Der größte Clou: die Veröffentlichung der sogenannten Gründungsakte der GAL, die belegen soll, daß die Regierung für die Existenz der Terrorgruppe direkt verantwortlich ist.
1993 wurde Bankier Mario Conde enteignet, als sein Finanzimperium ins Schlingern geriet. Seither muß er sich vor Gericht wegen Betrugs verantworten. Mit der Erpressung soll er versucht haben, eine Strafmilderung und eine finanzielle Entschädigung zu erzwingen. Regierungschef González habe sich nicht erpressen lassen. Er habe sich mit Condes Anwalt nur getroffen, um die für die Sicherheit des Staates wichtigen Dokumente zurückzuerhalten.
Wie heikel die noch verbleibenden Papiere sind, zeigt eine Veröffentlichung in der Tageszeitung El Mundo. Sie soll belegen, daß der Geheimdienst der GAL in Südfrankreich Autos, Wohnungen, Geld und Waffen zur Verfügung stellte und daß die Guardia Civil in den Tod von insgesamt sieben ETA-Mitgliedern verwickelt ist – nicht uninteressant für die Gerichte, die gegen Felipe González und zwei ehemalige Minister wegen Gründung der GAL ermitteln.
Noch bleibt PSOE-Parteisprecher Ciscar gelassen: „Perote hat echte und gefälschte Papiere vermischt“, sagt er. Regierungschef González wird in den nächsten Tagen Stellung nehmen – allerdings nur vor dem Geheimdienstausschuß und unter Ausschluß der Öffentlichkeit. Reiner Wandler
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