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Im Lkw-Tunnel bis unter den Reichstag

■ Baukommission des Bundestags beschließt Tunnelsystem mit zentraler Einfahrt / Zeitplan für den Umzug gefährdet

Dem Umzug des Bundestags droht eine neue Verzögerung. Die Baukommision des Bundestags beschloß am späten Mittwochabend den Bau eines ausgedehnten Tunnelsystems zur Versorgung der Büros der Bundestagsabgeordneten im Spreebogen. Eine zentrale Einfahrt für Lkw und Pkw soll am nördlichen Ufer der Spree nahe der Luisenstraße liegen. Geplant ist mit dem Tunnel nicht nur die unterirdische Verbindung der drei Büroblöcke nördlich und östlich des Reichstags – des sogenannten Alsenblocks, des Dorotheenblocks und des Luisenblocks. Auch der Reichstag selbst soll unterirdisch an das Tunnelsystem angeschlossen werden. Die Tunnel sollen eine Höhe von mindestens viereinhalb Meter haben, um die Zufahrt von größeren Lastkraftwagen zu gewährleisten.

Der Beschluß in der Baukommision wurde nach einer kontroversen Debatte gefaßt, heißt es aus Teilnehmerkreisen. Derzeit gibt es weder Klarheit über Planungs- und Bauzeit noch über die Kosten des Projekts. Das Bundesbauministerium in Bonn bestätigte den Beschluß, wollte die zusätzlichen Kosten für das Tunnelsystem aber nur vage im Bereich einer „zweistelligen Millionensumme“ angeben.

Von Vertretern des Landes Berlin wurde die Besorgnis geäußert, daß mit dem Beschluß die bisherige Zeitplanung für den Umzug des Bundestags nicht zu halten sei. Man zweifle daran, daß die Planung für das Tunnelsystem bis zur vorgesehenen Aushebung der Baugrube für den Dorotheenblock im Sommer 1996 beendet sein könne. So existiere derzeit für das Gelände, auf dem die zentrale Tunneleinfahrt gebaut werden soll, nicht einmal ein Bebauungsplan, bestätigte ein Vertreter des Senats. Hingewiesen wird auch auf die technischen Schwierigkeiten bei der Untertunnelung der Spree und die Anbindung des auf Tausenden von Eichenpfählen ruhenden Reichstags an den Tunnel.

Die Berliner Vertreter weisen auch auf die Probleme hin, die mit einer zentralen Einfahrt einhergehen. Täglich wird mit über 9.000 Anfahrten gerechnet. An einem „Nadelöhr“ werde es wegen der geplanten Sicherheitskontrollen zu erheblichen Verkehrsstauungen im Bereich der Luisenstraße kommen. Mehrere dezentrale Einfahrten seien daher unproblematischer.

Bekannt wurde außerdem, daß die Altbauten an der Luisenstraße, die eigentlich für den Neubau des Luisenblocks am nördlichen Spreeufer abgerissen werden sollten, nun doch stehenbleiben. Der sogenannte Spreesprung war in der ursprünglichen Planung des Architekten Schultes vorgesehen, sollte aber aus finanziellen Gründen erst weit später vorgenommen werden. Gerd Nowakowski

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