piwik no script img

Wahlkampf um Hanf

■ Die junge "Hanf-Liga" kandidiert bei den Berliner Wahlen am 22. Oktober

Andreas Pospisil ist Mitbegründer der rund 60 Mitglieder starken Berliner Hanf-Liga, die im Februar dieses Jahres gegründet wurde. Mehr Infos zu Andreas Pospisil gibt es nicht – die Liga wendet sich gegen jegliche Personifizierung.

taz: Du bist also der Spitzenkandidat der Hanf-Liga ...

Popisil: ... Spitzenkandidaten haben wir nicht. Wir sind alle Spitzenkandidaten.

Das ist ja super! Dann mache ich auch mit bei Euch. In was für eine Partei träte ich denn da ein?

Es gibt drei Fraktionen. Einmal Leute, die in erster Linie Hasch legalisieren wollen. Dann gibt es die, denen nachwachsende Rohstoffe wichtig sind. Die interessieren sich nur für die ökologischen und wirtschaftlichen Vorteile der Hanfpflanze. Und dann gibt es eine dritte Gruppe, die gesellschaftlich und politisch etwas verändern will. Zu der würde ich mich zählen.

Was willst Du verändern?

Die Grünen oder Greenpeace sind nicht mehr für alle Leute eine akzeptable Alternative. Die Grünen sind mittlerweile auch ein Parteimoloch, in dem man sich durch zig Lobbyisten-Ebenen durchfrühstücken muß, bevor man andere Politik machen kann. Wir wollen ein Diskussionsforum sein und einen virtuellen Raum für Freidenker zur Verfügung stellen. Es gibt ein großes Potential von Nichtwählern. Wo bleiben denn die linken Pessimisten? Unter welchem Symbol kann man diese Leute am besten versammeln? Da eignet sich die Pflanze Hanf, sie symbolisiert Vielfalt.

Wodurch unterscheidet Ihr Euch inhaltlich von den Grünen?

Bei einer detaillierten Prüfung unterschieden wir uns wahrscheinlich nicht besonders.

Ist deswegen Euer Parteiprogramm auch nur zehn Seiten lang?

Naja, in der Kürze haben wir einige Punkte ausgespart ...

... zum Beispiel die Verteidigungspolitik. Bei Euch steht nur die allgemein unbestrittene Aufforderung: „Schützt die Umwelt!“

Wir erheben nicht den Anspruch, alles zu wissen. Das ist ein grundlegend anderes Politikverständnis. Die Politiker haben von vielen Dingen keine Ahnung, tun aber so. Ich kann den Bosnien- Krieg auch nicht lösen, aber ich würde auch nicht so tun, sondern statt dessen frühzeitig dafür sorgen, daß man die Beteiligten an einen runden Tisch bekommt.

Wieviel Prozent kriegt Ihr mit dieser neuen Ehrlichkeit bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus?

Das wissen wir nicht. Auf jeden Fall wollen wir den Grünen nichts wegnehmen, sondern das Stimmpotential revitalisieren, das momentan brachliegt.

Es wird aber schwierig sein. Die meisten Wähler assoziieren bei „Hanf-Liga“ einen Haufen Kiffer, der Hasch legalisieren will.

Großes Problem! Wir hatten schon bei der Namensfindung im Februar heftige Diskussionen darüber, ob das Wort Hanf im Parteinamen auftauchen soll und haben nachher abgestimmt. Da geht ein tiefer Graben durch die Liga.

Seit Ihr denn dafür, daß neben dem Alkoholregal im Supermarkt künftig die Joints verschiedenster Sorten zur Auswahl liegen?

Die beliebteste Journalistenfrage! Dazu möchte ich jetzt noch nichts sagen. In der Drogendiskussion ist in erster Linie zu klären, warum Drogen genommen werden. Stichworte: Suche nach spirituellem Wachstum und Sinnfragen. Was könnte man in unserer Industriegesellschaft verändern, damit Drogen nicht mehr so ein großes Problem sind? Da „Drogen“ immer ein Thema sein werden, sollte man aufhören, Leute zu kriminalisieren.

Wie viele Joints werden denn durchschnittlich auf einem Treffen der Hanf-Ligisten geraucht?

Da zähle ich nicht mit. Was jeder einzelne macht, ist seine Sache. Interview: Nina Kaden

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen