: Nationaler Biorohstoff
■ Erste Hanf-Messe in Dresden war ein voller Erfolg
Mit dem Slogan „Wir hanf's“ warb ein Aussteller für seine Hanfprodukte auf der ersten nationalen „Biorohstoff Hanf“-Börse, die vom 14. bis 17. September im Rahmen der Dresdner „Bio 95“-Messe stattfand. Auf 140 Quadratmetern zeigten dreizehn deutsche Firmen Fachleuten und der interessierten Öffentlichkeit, was aus Hanf alles machbar ist.
Daß Hanf einiges zu bieten hat, war nicht zu übersehen: Ob Papier, Zigarettenblättchen, Möbel, Textilien oder Kosmetikprodukte, sogar Waschmittel und Dämmstoffmaterial zum biologischen Hausbau – die Palette der Hanfprodukte wächst rasant, trotz aller gesetzlichen Hürden und der politischen Kontroversen um den Anbau dieses heißbegehrten Biorohstoffs.
Besonders im Lebensmittelbereich finden sich immer mehr Kreationen: Speiseöle, Hanfburger, Pasteten, Tofu mit Hanf, süße und herzhafte Brotaufstriche oder der Hanfmüsliriegel. Nach einem Geschmackstest schlug bei vielen Besuchern die skeptische Neugier in überraschtes Staunen um. Das schmeckt ja gar nicht wie „öko“ sonst oder „Das essen die Kinder doch gerne“, kommentierten manche der 6.000 Besucher die große kulinarische Hanfauswahl.
Ökologie ist gut, sollte aber nicht allzusehr auffallen, verrät Frank Zander vom Messe-Veranstalter, der TriTec GmbH in Bochum. Denn Hanf soll raus aus der alternativen Nische, das Kundenspektrum erweitert werden. So gibt es bei den Cannabis-Textilien inzwischen neue, feinere Stoffqualitäten. Die Stile der Hanfmoden reichen von salopp-leger bis konservativ.
Wermutstropfen seien allerdings Anbieter von Billigware. Da komme es vor, daß die Hose nach dem ersten Waschen reißt, weil die Nähte schlecht gearbeitet sind, berichtet Frank Zander. Solche Firmen verpaßten dem Markt mit Hanftextilien ein schlechtes Image, befürchtet er. Schließlich ist die Hanfkleidung – egal welcher Qualität – bisher nicht gerade billig. Schwarze Schafe will man daher vom Markt haben. Denn die Textilien und anderen Produkte aus Hanf sollen sich durch Qualität und gute Ökobilanzen auszeichnen. Allerdings sei schon bald eine Preisreduzierung und Qualitätsverbesserung zu erwarten, hofft Michael Karus vom Nova-Institut in Köln. Zunehmende Konkurrenz und das stetig wachsende Produktspektrum deuten diese Entwicklung bereits jetzt an.
Mehr jedoch als die Diskussion um Qualitätssicherung beschäftigt diese junge Branche Fragen der Produktherstellung und der Absatzchancen. Die zu erwartende Rechtsverordnung zum Hanfanbau in Deutschland sieht Kontrollen des Saatgutes und eine Absatzgarantie vor. „Das ist sinnvoll“, meint Michael Karus, da Bauern mit festen Ab- und Einnahmen kalkulieren könnten.
Auch für die Szene selbst ist nicht mehr die Legalisierung des Hanfanbaus Thema Nummer eins, sondern Produkt- und Absatzstrategien. Während Ministerien und Behörden noch an Kontrollregelungen und Abnahmegarantien feilen, um sicherzustellen, daß kein Drogenhanf auf deutschem Boden gedeiht, wurden in Dresden bereits die nächsten Schritte diskutiert. Denn selbst, wenn der Anbau in Kürze genehmigt würde, wüchsen mit den Samen keine Faseraufschluß- und Produktionsanlagen aus dem Boden. Die allerdings sind wichtig, wenn in Zukunft auch in Deutschland produziert werden soll. Investitionswillige gebe es genügend, meint Frank Zander. So wurde auch die Ausstellung „Biorohstoff Hanf“ in erster Linie von Fachleuten besucht, die abklärten, welche Produkte auf dem Markt vorherrschen und welche Faseraufschlußverfahren für die Zukunft in Frage kommen.
Sicher werden einige Produkte wie beispielsweise Textilien aus Kostengründen vorwiegend im Ausland produziert werden. Michael Karus vom Nova-Institut setzt allerdings auf neue ökologische Produktentwicklungen auch im Inland. Hanf böte sich beispielsweise in der Automobilindustrie an als Ersatz für Glasfaser oder Mineralwolle, für den Einsatz bei Formpreßteilen und technischen Textilien oder als neues Dichtungs- und Dämmstoffmaterial beim Bau. Das Potential dieses Biorohstoffs scheint noch lange nicht ausgeschöpft. Alles in allem blickt die „Hanfszene“ optimistisch in die Zukunft, meint Frank Zander. Nachfrage und Absatz von Hanfprodukten laufen bereits – und das ohne den Anbau in Deutschland. Annette Bögelein
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