■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Gerhild und die Stillgruppe
Kennen Sie eigentlich Gerhild Engels? Nein, der Name sagt Ihnen nichts? Halb so wild. Die Grüne aus Bremerhaven sitzt ja auch erst seit Mai in der Bürgerschaft. Das war übrigens ein Riesen-Triumph für sie. Vorher hat sie nämlich ein Jahr lang ihr Glück bei der SPD in Bremerhaven versucht. Auch beim Initiativkreis Asyl war sie aktiv. Doch so richtig glücklich war Gerhild Engels da nie. „Ich wurde immer so als Frau und Mutter abgestempelt“, klagte sie. Also ging die Mutter zweier Kinder zu den Grünen, wurde prompt in die Bürgerschaft gewählt und hat endlich Gehör gefunden. In der Deputation für Umwelt und Gesundheit mischt sie mit.
Jetzt hat sie ihre erste Kleine Anfrage formuliert: Was tut der Bremer Senat eigentlich dafür, daß mehr Mütter ihre Kinder stillen, wollte die frischgebackene Bürgerschaftsabgeordnete wissen. Denn: „Krankenhäuser, in denen Entbindungen erfolgen“, haben – laut Gesetzestext – „die natürliche Säuglingsnährung mit Muttermilch zu fördern“. Was unternimmt also der Senat, um die Mütter zum Stillen zu bewegen? Wie kontrolliert er, daß in den Krankenhäusern keine Proben mit Fertignahrung mehr verteilt werden? Schließlich will Gerhild Engels wissen: Wie „kontrolliert der Senat die Werbung für Säuglings-Anfangsnahrung in den Bremer Medien?“
Interessanter Aspekt. Sollte sich Bürgermeister Scherf – der ja für seine Kinderliebe bekannt ist – jeden Abend mal eine Stunde vor den Fernseher setzen, und darüber wachen, ob im Bremerland zuviel Werbung für Hipp oder Milupa gemacht wird? Auch die Zeitungen könnte sich der Präsident des Senats mal vornehmen und Anzeigen für Babynahrung rot anstreichen.
Auf die Idee kam Engels übrigens durch Gabriele Schneider, Sonderbeauftragte für Stillförderung beim Hebammen-Landesverband Bremen. Die hatte ein Schreiben an alle Fraktionen geschickt. Doch keiner rührte sich. Die Fraktionen hatten anderes zu tun. Nur bei den Grünen, bzw. bei Gerhild Engels fiel Schneiders Anliegen auf fruchbaren Boden. „Man muß die jungen Mütter einfach mehr zum Stillen anhalten. Das ist nämlich ganz wichtig“, findet die Bürgerschaftsabgeordnete. In der Fraktion ist die Kleine Anfrage an den Senat übrigens „so durchgelaufen“, verrät ein Fraktionsmitglied. „Nun ja“, grummelt ein anderes Mitglied verlegen. „Das ist uns halt so durchgerutscht. Schaden kann's ja nicht. Wir haben das ehrlich gesagt nicht so recht ernst genommen.
Ihre Rosi Roland
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