: „Einfach Kellnerin“
■ Interview mit der Volleyballerin Sylvia Roll über den Erfolg bei der EM
Mit dem vierten Sieg im fünften Spiel, einem 3:1 gegen Polen, haben die deutschen Volleyballerinnen überraschend das Halbfinale der Europameisterschaft in den Niederlanden erreicht, wo sie heute auf Kroatien treffen. Angreiferin Sylvia Roll galt und gilt als größtes Volleyball-Talent hierzulande. Die 22jährige war DDR-Jugendmeisterin und Spartakiade-Siegerin und wurde 1992 zur besten Universal- Spielerin bei der Junioren-EM gekürt. Mit dem Schweriner SC gewann sie in diesem Jahr erstmals die deutsche Meisterschaft.
taz: Jetzt hat das deutsche Team bei der EM das Halbfinale erreicht, obwohl kurz vorher beim Grand-Prix-Finale alle Spiele verloren wurden.
Sylvia Roll: Das kann man ganz einfach erklären. Beim Grand Prix spielt man gegen die Besten der Welt, hier ist das ein viel niedrigeres Level. Da geht man ganz anders in die Spiele rein. Man weiß, die können wir schlagen.
Foto: Thorsten Baering
Sie vor allem. Sie haben die Bälle auffällig kräftig ins Feld gehauen.
Naja, ich sag mal: Ohne die anderen wäre ich ja nichts.
Sie könnten sich sicher noch verbessern, würden Sie in der starken brasilianischen Liga spielen. Angebote hatten Sie ja.
Klar, das ehrt mich, aber ich konnte doch aus meiner Ausbildung nicht raus, ich war ja mittendrin im zweiten Lehrjahr, und da schmeißt man doch seine Ausbildung nicht einfach so weg. Wenn die mich noch mal fragen, vielleicht gehe ich hin.
Was lernen Sie eigentlich? Mal steht da Restaurantfachfrau, mal Büffetserviererin.
Kellnerin werde ich. Ganz einfach Kellnerin.
Da müssen Sie ja ganz schön auf den Beinen sein. Man wundert sich sowieso, daß Sie so springen können bei den ganzen Bandagen.
Das habe ich schon seit Jahren: Patellaspitzensyndrom, Knorpelschaden und solche Scherze. Wenn die Belastung zu hoch ist, wird das alles gereizt, und es kommt schon mal vor, daß da im Knie alles blockiert. Aber zum Spielen reicht es dann immer noch, und da mache ich mir eigentlich auch keine besonderen Sorgen drum.
Ihre Eltern auch nicht?
Nee, obwohl die sonst ziemlich interessiert sind am Volleyball. Zur EM kommen die nicht, aber in Schwerin sind ja immer alle im Publikum: meine Eltern, zwei Brüder und meine Schwester. Mein Vater ist auch Hallensprecher und Hausmeister ...
... und überhaupt eine ziemlich schräge Figur. Trägt einen Pferdeschwanz, fast wie Sie.
Nee, der ist ja jetzt ab. Er hat gesagt, wenn wir mal was gewinnen, kommt er runter. Und weil wir ja mit Schwerin gerade deutscher Meister geworden sind, hab' ich ihm den abgeschnitten. Interview: Holger Gertz
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