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point 'n' clickStiftung Warentest

■ Der Computer erklärt sich selbst: Für Neue-Technologien- Nutzer gibt es ein „Multimedia“-Handbuch auf CD-Rom

Im Augenblick scheinen viele Computerbesitzer wild entschlossen, sich endlich einen neuen Rechner zu kaufen. Also: Nichts wie her mit dem neuen Multimedia-Computer. Pentium-Chip! 16 Megabyte Arbeitsspeicher! Windows 95! Internet- Verbindung! Der Multimedia- Hype, der in den letzten Monaten auch die Publikumspresse wie ein (Computer-)Virus heimgesucht hat, trägt Früchte.

Diejenigen, die sich schon einen multimediafähigen Computer (Quattro-Speed-CD-Rom- Laufwerk! 32-Bit-Betriebssystem!) zugelegt haben, können mit zwei neuen CD-Roms auch ihrem Wortschatz einen „Upgrade“ verpassen: Ein Lexikon auf CD-Rom, das von der Fachzeitschrift Screen Multimedia herausgegeben wurde, soll dem geneigten User die wichtigsten Begriffe des Multimedia-Newspeaks nahebringen. Und von der Rowohlt-Tochter Systhema kommt ein Produkt, das uns in die Wunderwelt des „Cyberspace“ einführen will. Beide bestätigen einmal mehr, daß die Multimedia-Produktion sich zur Zeit ungefähr auf einem ähnlichen Entwicklungsstand befindet wie das Kino zur Zeit von Edison – also noch recht unausgereift ist.

Das „Screen-Multimedia-Lexikon“ bietet trotz seines Titels vorwiegend Textinformation: 1.200 Begriffsdefinitionen von Computer-Buzzword finden sich auf der Silberscheibe. Das Screendesign erinnert an das Layout von Screen Multimedia und bietet durch sogenannte Hyperlinks die Möglichkeit, von einem Begriff zum nächsten zu springen.

Wen es nicht stört, daß er erst die CD-Rom auf seinem Rechner einlesen muß, bevor er selbst was lesen kann, findet jedenfalls ganz brauchbare Informationen. Bei einem Buch wäre das Nachschlagen unter Umständen fixer, besonders da die Zugriffszeiten hier ziemlich lang sind. Das Deutsch läßt – wie bei vielen Computerzeitschriften – zu wünschen übrig: „Aus konsumtechnischen Gründen sprechen die Medien bei Anwendungsbeispielen für die Datenautobahn zum größten Teil von Video-On- Demand und interaktivem Fernsehen“, heißt es da zum Besipiel. Was würde wohl Karl Kraus zu diesem Satz sagen?

Wo sich die – laut Cover – 800 Grafiken, Illustrationen und Animationen verbergen, war beim ersten Probelauf nicht zu klären. Das ist schade, denn viele der digitalen Vokabeln wären mit grafischen Mitteln anschaulich zu erklären gewesen. Die visuelle Darstellung läßt häufig zu wünschen übrig, in puncto Multimedia wäre mehr drin gewesen.

So weit, so (halb-)gut, könnte man also sagen. Doch leider ist diese CD-Rom von technischen Mängeln geplagt. Und das darf bei einem Titel von einer Fachzeitung, die regelmäßig Tips für CD-Rom-Produzenten veröffentlicht, einfach nicht sein. Ohne ersichtlichen Grund erscheint bei Betrieb unter Windows irgendwann die gefürchtete Fehlermeldung: „Ihre Anwendung hat eine Beschädigung in Schutzsektor XY ausgelöst.“ Das sind die „Bugs“, wegen derer man sich, wenn man über CD-Rom schreibt, oft nicht als Rezensent fühlt, sondern eher wie die Stiftung Warentest.

Keine technischen Probleme gab es beim Betrieb der „Cyberspace“-CD-Rom. Dafür ist hier der redaktionelle Teil etwas öde. Ein Video, das offensichtlich fürs Fernsehen gedreht wurde und hier nur recycelt wird, informiert recht oberflächlich darüber, was Cyberspace nach Ansicht der Autoren ist. Nämlich etwas, das in der Fachwelt sonst eher unter dem Begriff „Virtual Reality“ bekannt ist: die Herstellung digitaler Realitätssimulationen mit dem Computer, die auf dem Monitor erscheinen oder mit Datenhandschuh und Cyberhelm „betreten“ werden können.

Viel Interaktion erlaubt die Anwendung nicht. Wer mehr wissen will, muß sich durch für Laien unverständliche Texte kämpfen, die auf dem Computerbildschirm als Bleiwüsten erscheinen und in diesem Stil verfaßt sind: „Zur Gewinnung photorealistischer Bilder steht ein Scanline-Verfahren zur Verfügung und für Anwendungen, die Echtzeitanforderungen haben, existiert ein auf SGIS GL basierende Hardware-Renderer, der zudem Texturen unterstützt.“ Alles klar?

Aber genug genörgelt, denn „Cyberspace“ macht trotzdem Spaß. Zusätzlich hat man auf die CD-Rom einige Virtual-Reality- Programme gepackt, die ihr Geld wert sind: Im „Absolut“- Museum kann man sich durch eine Galerie der Anzeigen der Wodka-Marke „Absolut“ klicken. In anderen Anwendungen kann man mit der DNA spielen, virtuelle Maschinen bedienen oder selbst künstliche Digital- Landschaften entwerfen.

Die Programme sind zum Teil zwar nicht als Vollversionen auf der CD-Rom, aber sie geben einen Geschmack von den virtuellen Welten. Während der Text für Laien wenig brauchbare Informationen liefert, kann er hier in praxi ausprobieren, was in der Virtual Reality auf ihn wartet. Und das ist bei den Beispielen auf „Cyberspace“ ziemlich cool. Tilman Baumgärtel

„Cyberspace“, Systhema Professional, 49 Mark für MC und Mac

Screen-Multimedia-Lexikon, 69 Mark für PC und Mac

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