: Gewerkschaftliches Dilemma
■ betr.: „Konzertiert für Rüstungs jobs“ etc. (Dasa), taz vom 29. 9. 95
Ein gewerkschaftliches Dilemma, das auch für den Umweltschutz gilt. Eine große Zukunftsdebatte der Gewerkschaften will nicht in Gang kommen: Soll für Arbeitsplätze gestritten werden in Bereichen, die ökologiefeindlich produzieren? Müssen Gewerkschaften nicht als erste einen Ausstieg aus der Chlorchemie fordern? Oder gegen Ansätze zur „Entwicklung“ etwa Chinas in Richtung Autogesellschaft ankämpfen?
Viele Fragezeichen. Aber: wenn GewerkschafterInnen nicht langsam konkret und ehrlich über Vereinbarkeit von Ökologie und Ökonomie diskutieren, werden auch weiterhin CDU- und SPD- Wirtschaftsexperten Subventionen à la Eurofighter fordern, ohne daß Dasa eine Sicherung der Beschäftigtenzahlen zusagen muß (wozu auch, sind ja nur Steuermillionen, die verfliegen).
Warum nicht die Idee von B'90/Grüne aufgreifen: Eine vom Bund finanzierte Solarzellenfirma. Vielleicht sogar mit Mitbestimmungsrechten, die über das jetzige Betriebsverfassungsgesetz hinausgehen? Es muß jetzt mitgestaltet werden. Marcus Schwarzbach,
Mitglied im Landesjugendvor-
stand der DAG-Hessen, Kassel
[...] Die derzeitigen Vorgänge bei der Dasa zeigen in aller Schärfe, daß eine Luft- und Raumfahrtindustrie trotz aller Subventionen hierzulande nicht überlebensfähig ist und schon gar nicht als Arbeitsplatzgarant taugt. Im Gegenteil: Nachdem der Staat die Airbus-Entwicklung bereits mit zirka zehn Milliarden DM gefördert hat, versucht die Dasa-Führung ihn jetzt mit dem Arbeitsplatzargument zu erpressen. Angesichts der gigantischen Haushalte der Nasa und des US-Verteidigungsministeriums, aus denen die amerikanischen Flugzeughersteller ihre Entwicklungskosten finanzieren, hat die hiesige Industrie im Subventionswettbewerb auf Dauer ohnehin keine Chance.
Es ist besser, jetzt den (auf Dauer unvermeidlichen) Arbeitsplatzverlust in dieser Branche hinzunehmen und die freiwerdenden Mittel in die ökologisch notwendige, strukturelle Umgestaltung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu investieren. Wie neueste Studien belegen, können dadurch – bei gleichzeitiger Entlastung der Umwelt – weit mehr als die jetzt gefährdeten Arbeitsplätze langsfristig gesichert werden. Wir brauchen dringend kleinere Handwerks- und Fachbetriebe, die wirksame Energiesparmaßnahmen und eine flächendeckende Nutzung regenerativer Energiequellen wie Sonne und Wind in die Tat umsetzen. Durch die Einführung einer Energie-/Ökosteuer kann dieser Strukturwandel ohne zusätzliche steuerliche Belastungen finanziert werden.
Um so verrückter ist es, daß dieselbe Dasa ihre Solarzellenproduktion hierzulande jüngst sang- und klanglos an eine Gesellschaft/ Firma ASE (an der unter anderem die Bayernwerke beteiligt sind) verkauft hat, die die Produktion voraussichtlich zum Ende des Jahres einstellt. Damit verschwindet die letzte Solarzellenproduktionsstätte in Deutschland. Wo bleibt der große Aufschrei der Politiker wegen des Know-how-Verlustes? Werner Behrendt,
ehrenamtlicher Mitarbeiter bei
Robin Wood, Holste
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