: Anything goes am Pariser Platz
Splitter-Architekt Frank Gehry baut DG-Bankhaus am Pariser Platz. Statt der von Bausenator Nagel geforderten Einheitlichkeit für die „gute Stube Berlins“ entsteht eine Baucollage ■ Von Rolf Lautenschläger
Der Pariser Platz entwickelt sich immer mehr zu einer Collage aktueller Architekturkulissen. Neben dem historisierenden Hotel „Adlon“, den Klötzchen für Haus Sommer und Haus Liebermann und einer postmodernen amerikanischen Botschaft plant die DG Bank, ihr Hauptquartier nach einem Entwurf von Frank Gehry (Santa Monica, USA) zu bauen. Gehry ging mit der Neugestaltung für das Bankhaus gestern als Sieger aus einem internationalen Bauwettbewerb hervor, den die DG Bank gemeinsam mit der Hines Immobiliengruppe für das Grundstück Pariser Platz 3 ausgelobt hatte.
Für das 20.000 Quadratmeter große Bürohaus sieht Gehry – der sich in den vergangenen Jahren durch dekonstruktivistische Splitterarchitekturen einen Namen machte – eine fünfgeschossige Stein- und Glasfassade vor. Das längliche Gebäude, das mit seiner Rückfront bis an die Behrenstraße reicht, bricht Gehry in der Mitte durch ein wildgezacktes schräges Glasdach auf, unter dem sich eine große Halle auftut.
In diese Halle plaziert der Architekt eine riesige Glasskulptur als Konferenzraum. „Das Preisgericht hat sich für Gehry entschieden, weil sein Gebäude nach innen mit einem skulpturalen Auditorium etwas Neues schafft“, sagte gestern der Juryvorsitzende Max Bächer. Der Entwurf mit dem „überraschenden Innenraum“ gewährleiste ein hohes Maß an Kommunikation.
Neben den Büroräumen sollen Konferenzen, Ausstellungen und Messen stattfinden. Außerdem seien 48 Wohnungen und 200 Tiefgaragenplätze in dem über 250 Millionen Mark teuren Bau vorgesehen, so Alexander Erdland vom Vorstand der DG Bank.
Nicht ganz einverstanden mit der Front am Pariser Platz sowie der zur Behrenstraße zeigte sich Senatsbaudirektor Hans Stimmann. Zwar lobte Stimmann die Innenraumlösung und das Nutzungskonzept für das Bankhaus, „die Fassaden müssen aber überarbeitet werden“. Deren Struktur sei „zu grob“. Außerdem sei der Eingangsbereich „nicht befriedigend“ gelöst. Die Wohnseite zum Holocaust- Denkmal solle ebenfalls neu überdacht werden: „Bunter Sonnenschutz etwa geht dort nicht.“
Die DG Bank plant, „auf jeden Fall 1996 mit Gehry zu bauen“, betonte Alexander Erdland. Der genossenschaftliche Spitzenverband wolle eine eigene bauliche Identität vor Ort. Die DG Bank beharrt damit neben der Akademie der Künste oder der US-Botschaft auf einer eigenen baulichen Handschrift am Pariser Platz. Die „Gestaltungssatzung“ von Bausenator Wolfgang Nagel, die Gebäudehöhen, einen Sockel und aufeinander abgestimmte, steinerne Fassaden vorsieht, verliere immer mehr an Bedeutung, so ein Bauexperte nach der Wettbewerbsentscheidung. Am Pariser Platz sei nun „fast alles möglich“.
Auch Gehry verzichtet auf das Sockelgeschoß und hält sich nicht an eine Dreiteilung der Frontseite. Die kulissenhafte Fassade reagiert kaum auf den modernen und durchkomponierten Behnisch- Bau für die Akademie der Künste daneben. Eine Überarbeitung des Entwurfs, bei dem Innenraum und Außenhaut aufeinander reagierten, würde der Planung nicht schaden, sagte ein Jurymitglied.
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