: Izetbegović: Kämpfe noch bis Dienstag
■ US-Unterhändler warnt vor überzogenen Erwartungen an den Waffenstillstand. Wie Russland in die multinationale Friedenstruppe einbezogen wird, bleibt unklar
Sarajevo/Rom (AFP) – Einen Tag nach der Einigung auf einen Waffenstillstand haben sich die Kriegsgegner in Bosnien gestern an mehreren Fronten heftige Kämpfe geliefert. UN-Beobachter erwarten, daß beide Seiten noch bis zum offiziellen Inkrafttreten der Feuerpause am Dienstag versuchen werden, ihre Positionen auszubauen. Der bosnische Präsident Alija Izetbegović sagte, bis zum Beginn der Waffenruhe gebe es „keine Grenze“ für die Kämpfe.
Ungeachtet dessen kündigte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) gestern an, die ersten Hilfskonvois von Sarajevo nach Goražde noch am gleichen Tag zu entsenden. „Wir hoffen, daß wir damit zur Öffnung der Straße beitragen können“, sagte UNHCR- Sprecher Ron Redmond. In dem von den Karadžić-Serben belagerten Goražde leben rund 60.000 Menschen.
In Rom kamen gestern Vertreter der erweiterten Bosnien-Kontaktgruppe zusammen, um über den Wiederaufbau auf dem Balkan zu beraten. US-Chefunterhändler Richard Holbrooke warnte zum Abschluß des Kontaktgruppentreffens in Rom vor überzogenen Erwartungen an die vereinbarte Waffenruhe. Holbrooke machte zugleich klar, daß die Überwachung des Waffenstillstandes Aufgabe der UNO sein werde. Bei den Beratungen in Rom ging es nach Angaben von Diplomaten auch um die Rückführung von Tausenden von Flüchtlingen und den Wiederaufbau der Infrastruktur, dessen Kosten sich nach US-Angaben auf vier Milliarden Dollar belaufen. In Williamsburg im US-Bundesstaat Virginia verständigten sich die Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag darauf, rasch eine multinationale Friedenstruppe für Bosnien aufzustellen, einigten sich aber noch nicht auf eine Einbeziehung Rußlands. Hierüber bestanden zwischen Washington und Paris unterschiedliche Auffassungen. Frankreichs Verteidigungsminister Charles Millon schlug vor, eine französische Division könnte mit einer russischen Brigade zusammenarbeiten, ohne daß die Russen ein Veto- oder Interventionsrecht hätten. Die US-Regierung setzte sich hingegen dafür ein, russische Einheiten mit der Hilfe für die Flüchtlinge und dem Aufbau der Infrastruktur zu betrauen. Russische Truppen könnten jedenfalls nicht mit den Nato-Einheiten „vermischt werden“, sondern sollten „im Rahmen einer Gesamtanstrengung getrennte Elemente bleiben“, sagte US-Außenamtssprecher Nicholas Burns. Rußlands Außenminister Andrej Kosyrew hatte zuvor erklärt, Moskau werde „den Anspruch der Nato auf ein Monopol“ nicht akzeptieren.
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