Kommentar: Klartext
■ Wenn es aus dem Bürgermeister redet
Das war Bremen bisher nicht gewöhnt. Klaus Wedemeier liebte sowieso keine harten Töne. Und aus seinen vorformulierten Ansprachen hatten eifrige Rathaus-Texter jede Schärfe gründlich herausgehalten. Henning Scherf dagegen redet gerne, wie ihm der große Mund gewachsen ist. Und weil er weder ein Manuskript benutzt noch ein Freund davon ist, vor jeder gewagten Aussage die Akten gründlich zu studieren, kommen dabei manchmal Sätze heraus, über die er sich wahrscheinlich selber wundert, wenn sie am nächsten Tag wortwörtlich in der Zeitung stehen.
Bevor die BEB ihre Gebühren erhöhen, verkaufen wir lieber den ganzen Laden; wenn wir Personalkosten sparen wollen, dann arbeiten eben alle weniger und kriegen dafür auch weniger Geld – wer da in den letzten Wochen gesprochen hat, war nicht der Präsident des Senats. Geredet hat der Mensch und Populist Henning Scherf. Und daß der sich vom Regierungsamt noch nicht das Wort verbieten läßt, bringt ihm zwar jetzt viel Ärger ein, ist für die Öffentlichkeit aber von enormem Vorteil.
Denn wo steht eigentlich, daß Klartext immer nur unter vier Augen geredet werden darf? Natürlich ist Bremens Sanierung – so wie 1993 geplant – nicht zu schaffen. Das ist weder neu noch bei Nölle und der AfB unbekannt. Neu ist, daß der Bürgermeister sowas auch sagt. Daran muß Bremen sich jetzt gewöhnen. Dirk Asendorpf
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen