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Sie sollten das nicht so verbissen sehen

■ betr.: „Geschändet“, Leserbrief von P. Martin, taz vom 5. 10. 95

Herr P. Martin, Sie machen sich die Sache zu einfach. Das gefällte Kreuzurteil hat endlich zur Befreiung der meisten Schüler von diesem Anblick einer hängenden Leiche geführt. Was würden Sie wohl dazu sagen, wenn die bekennenden Satanisten in Bayern (und es gibt nicht wenige davon) das auf der Spitze stehende Pentagramm in jeder Schule aufhängen würden? Oder das Gipfelkreuz auf jedem Berg durch ein Pentagramm ersetzen?

Aber soweit gehen wir ja nicht, denn im Gegensatz zu Ihrer Religion, die im Zeichen des Kreuzes Tausende von Indianern zwangsbekehrt und ungezählte Frauen und Männer wegen Ketzerei oder Hexerei auf dem Scheiterhaufen zu Tode gequält hat, sind wir tolerant.

Kurz zu uns: Wir bringen keine Menschenopfer und tun nichts, was irgend jemandem Schaden zufügen könnte. Aber wir sind für die Freiheit des Individuums, auch für die Freiheit der Religion. Sex vor der Ehe ist eine Selbstverständlichkeit für jeden Menschen; ebenso die Empfängnisverhütung. In der Dritten Welt predigt Ihre Religion gegen Verhütung. Das Ergebnis ist bekannt: Die Armut wächst durch Überbevölkerung weiter. Sie solten sich mit dem geborenen Leben befassen, das wäre echt menschlich und im Sinn der Allgemeinheit.

Daß wir über den „Lattenseppl“ anderer Meinung sind als Sie, ist klar. Aber Sie sollten das nicht so verbissen sehen. Haben Sie wirklich keinen Humor? Armer Mensch, wenn Sie nicht lachen können. Name und Anschrift sind der

Red. bekannt

Lieber Herr P. Martin, sind Sie doch gütig und lassen die Schreiberlinge schreiben, was sie gerne schreiben möchten.

Auch ich bin katholisch, war Meßdiener und trage auch heute noch, weil ich an den „Lattenseppl“ glaube, ein Kettchen mit einem Kreuz. Was haben Sie eigentlich gegen das Wort „Lattenseppl“? Ich glaube, Herrn Jesus ist es egal wie man ihn bezeichnet. Die Hauptsache ist doch man glaubt. Karl-Heinz Prien aus Waltrop

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