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Das PortraitDer Staatsanwalt

■ Alfonso Valdivieso

Wenn der Prozeß, der die Wahlkampffinanzierung des kolumbianischen Präsidenten Ernesto Samper durch die Drogenmafia untersucht, nicht mit der Reinwaschung des Staatschefs endet, sondern mit dessen Sturz, dann gibt es einen klaren Sieger: Generalstaatsanwalt Alfonso Valdivieso, der behaupten kann, er hätte den Ruf der Justiz gerettet. Valdivieso mißt 1,56 Meter, ist Jurist und Fußballfanatiker und sieht sich als legitimen Nachfolger seines Cousins Luis Carlos Galán, der 1992 als charismatischer Anführer der parteiinternen Strömung des Neuen Liberalismus kolumbianischer Präsident geworden wäre, wenn ihn nicht vorher ein Killer des Kartells von Medellin ermordet hätte. Valdiviesos Aussichten, für die Wahlen 1998 von der Liberalen Partei nominiert zu werden, würden gewaltig steigen, wenn er nun auch einen Präsidenten zu Fall gebracht hätte. Deswegen unterstellen ihm viele, seine Recherchen seien vom Ehrgeiz getrieben.

Es ist schließlich ein offenes Geheimnis, daß in den letzten 15 Jahren kein Wahlkampf und auch sonst fast nichts in Kolumbien völlig ohne Gelder der Kokainmafia auskam. Trotzdem wurde gegen keinen der Vorgänger

Alfonso Valdivieso, Jäger des kolumbianischen Präsidenten Foto: taz-Archiv

Sampers ermittelt. Innenminister Horacio Serpa sprach daher anfangs von einer Verschwörung der Fiscalia. Den Vorwurf nahm er später zurück, doch ist die Verschwörungstheorie nicht begraben worden. Das liegt nicht zuletzt an den Methoden der Staatsanwaltschaft, die ihre eigentlich vertraulichen Informationen brandheiß an die Presse weitergibt. Das Kalkül: Ist ein Skandal einmal öffentlich, dann kann auch starker Druck von oben die staatlichen Ermittler nicht zur Einstellung ihrer Untersuchungen zwingen.

Ein ehemaliger Studienkollege bezeichnet Valdivieso als Mann mittelmäßiger Intelligenz, der alleine zur Konfrontation mit der Regierung nicht imstande wäre. Anders als sein Vorgänger Gustavo de Greiff, der sich mit den USA anlegte, weil er für die schrittweise Legalisierung des Drogenhandels eintrat, ist Valdivieso dazu ein treuer Soldat Washingtons. Er umgibt sich mit Beratern der US-amerikanischen Anti-Drogenbehörde DEA und überläßt selbst die Schulung der Staatsanwälte in der Provinz den Experten aus den USA. Andererseits kann er sich rühmen, daß unter seiner Ägide die Chefs des Kartells von Cali gefaßt wurden und mit einer Verurteilung rechnen müssen. Ralf Leonhard

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