piwik no script img

„Ich bin ein Wissender“

■ Im Gespräch: André Eisermann, Star in Joseph Vilsmaiers Film „Schlafes Bruder“, über sein Sendungsbewußtsein & Adam & Eva

André Eisermann, 27, spielt die Hauptrolle in Joseph Vilsmaiers Verfilmung von Robert Schneiders Roman „Schlafes Bruder“, der bundesweit mit 200 Kopien gestartet wurde. Eisermann, Sproß einer Schaustellerfamilie, machte sich durch seine herausragende Darstellung des „Kasper Hauser“ (Regie: Peter Sehr) einen Namen. Für die Rolle des Johannes Elias Alder fühlte sich Eisermann sofort berufen – und Regisseur Vilsmaier gab ihm die Rolle des Bergbauernjungen mit dem überirdischen Gehör, der mit 22 aus Liebesgram beschließt, nicht mehr zu schlafen. Mit der Schauspielerei will Eisermann auch seine dezidierte Weltsicht aus einem religiösen Blickwinkel heraus publik machen. Am Sonntag weilte er in Bremen.

taz: Du bist mit zwei exzentrischen Hauptrollen in großen Produktionen schnell zu Ruhm gekommen. Manchem Kritiker reicht das aus, um Dich in eine Schublade zu packen ...

André Eisermann:(ungehalten) Ich bin 27! Ich bin jung, ich fang' eben erst an. Ich spiel' zwei Riesenhauptrollen. Wer macht das denn im Moment?! Man muß den Schauspieler nicht gleich zum Erfolg heben und ihn dann wieder abschießen, weil er schon wieder „kasperhausert“ in einem Film. Aber die Kritiker machen es so dem Publikum schwer, nicht uns. Wir haben doch sowieso Erfolg und machen gute Sachen.

Geht der Erfolg mit entsprechenden Angeboten einher?

Ich lehne alles ab. Und es gibt im Moment keine Angebote, die mich interessieren. Ich war zwei Jahre am Thalia-Theater, aber ich habe mein Theater jetzt gekündigt. Ich will auch mal Urlaub machen, ich muß auch mal zu meinen Kindern gehen und mit denen zusammensein.

Du hast Kinder?

Ja, zwei. Anna und Jimmy. Das sind aber nicht meine eigenen, sondern die Kinder meiner Tante. Gottseidank nicht die eigenen. Aber viele Kinder in Deutschland und auf der Welt brauchen uns. Deswegen habe ich damit genug zu tun und muß nicht selber Kinder zeugen und die Verantwortung übernehmen, sie zu erziehen.

Brauchen uns Schauspieler?

Uns Menschen. Kinder brauchen unsere Liebe, unser Lächeln. Sie dürfen nicht länger mit dem Scheißdreck um uns herum konfrontiert werden.

Scheißdreck, das heißt ...

... was die Politiker machen, was wir machen. Wir sind auch dumm; wir glauben auch, wir wären Gott. Die Kinder sollen den Sinn des Lebens begreifen, und das ist Jesus, der versucht hat, die Liebe zu verbreiten, bevor er von Politikern ermordet wurde mit 32. Politik und Religion sind ein und dasselbe.

Du bist ein religiöser Mensch?

Ich bin ein Mensch, der weiß. Und aus dem Wissen heraus erfährt. Und mit dieser Einstellung erlebe ich mehr oder weniger Wunder im Leben. Diese Einstellung will ich aber nicht zu Markte tragen. Ich zeige sie in meinen Filmen, ohne sie zu spielen.

Seit wann bist Du ein Wissender?

Seit meinem achten Lebensjahr habe ich eine Ahnung, daß ich ein Superstar werden will, Liza Minelli, Udo Jürgens kennenlernen will. „Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg“, schreibt der Prediger Salomo.

Du bist offenbar bibelfest.

Ich lese sie, weil die Geschichte von Adam und Eva die Gesellschaft geprägt hat. Wir haben eine Männergesellschaft, Frauen wurden immer unterdrückt. Das liegt an dieser Geschichte. Und wenn die Schlange der Teufel ist, wußte sie sehr wohl, warum sie die Frau verführen mußte: Um sich gegen Gottes Macht zu stellen, damit er regiert. Die Kirche drückt uns seit jeher ihre Interpretation der Schöpfungsgeschichte auf. Damit beschäftige ich mich. Deswegen mache ich Filme, die einen Hauch davon zeigen. Und „Schlafes Bruder“ ist ein Film, in dem ein Zweifender lieber stirbt, bevor er leidet – um erlöst zu sein von diesem Leben.

Fragen: Alexander Musik

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen