■ Der BGH kassiert das Urteil gegen Markus Wolf
: Bald nur noch Chefkoch?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil gegen den früheren Chef der DDR-Auslandsspionage aufgehoben. Keine umwerfende Nachricht. Dem Gericht blieb gar nichts anderes übrig, als dem Revisionsantrag der Anwälte von Markus Wolf zu folgen. Das juristische Gerüst des Wolf-Urteils war zusammengebrochen, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Mai entschieden hatte, daß Spionage gegen die alte Bundesrepublik vom Boden der DDR aus strafrechtlich nicht verfolgt werden kann. Leicht fiel den Karlsruher Richtern ihre gestrige Entscheidung bestimmt nicht. Denn es waren die Richter am BGH selber, die mit der irrwitzigen Konstruktion von einer angeblich heute noch „fortwährenden Bedrohung der Bundesrepublik“ durch die frühere DDR-Spionage überhaupt erst die Grundlage für die Prozesse gegen ehemalige Mitarbeiter der DDR-Auslandsspionage geschaffen hatten.

Das Urteil des Bundesgerichtshofes ist allerdings kein Freispruch für den früheren Chefspion und heutigen Chefkoch. Das Karlsruher Gericht hat die Verurteilung Wolfs wegen Bestechung westdeutscher Behördenmitarbeiter als rechtmäßig bezeichnet, wenn diese nicht verjährt sein sollte. Wenn nun in Düsseldorf das Verfahren gegen Wolf neu verhandelt wird, dann liegt es in den Händen der Richter und der Bundesanwaltschaft, ob dieses Kapitel deutsch-deutscher Spionage ein für alle Male geschlossen wird. Anklage und Gericht haben die Wahl, den Prozeß einzustellen oder Wolf wegen vergleichsweiser Lappalien zur Rechenschaft zu ziehen. In letzterem Falle läßt sich der Eindruck, die bundesdeutsche Justiz wolle ihre früheren Gegner, koste es, was es wolle, zur Strecke bringen, kaum widerlegen.

Der Prozeß gegen Markus Wolf zeigt auch exemplarisch, wie es sich rächt, politische Entscheidungen der Justiz überlassen zu wollen. Noch im Herbst 1990 wollten die Parteien fraktionsübergreifend im Bundestag ein begrenztes Amnestiegesetz für die Auslandsspionage der DDR verabschieden. Das Vorhaben scheiterte, weil insbesondere in Unionskreisen befürchtet wurde, ein solches Gesetz könnte als allgemeine Stasi-Amnestie mißdeutet und im damals anstehenden Bundestagswahlkampf ausgeschlachtet werden. In der Folge leitete die Bundesanwaltschaft dann mehrere Tausend Verfahren gegen die einstigen DDR-Nachrichtendienstler und ihre westdeutschen Zuarbeiter ein – bis das Bundesverfassungsgericht den Amoklauf der Karlsruher Ankläger stoppte. Wolfgang Gast