„Im Osten geht die Sonne auf“

■ PDS ist die drittstärkste Partei / In Kreuzberg in der BVV

Das Bier floß in Strömen bei der Wahlparty der PDS. In offenbar weiser Voraussicht hatten die demokratischen Sozialisten ihre Feier in eine ehemalige Brauerei in Prenzlauer Berg gelegt. Als die Hochrechnungen signalisierten, daß die PDS nicht nur stärkste Partei in Ostberlin geworden war, sondern auch drittstärkste Partei in der ganzen Stadt, brach unter den über 1.000 Mitgliedern und Sympathisanten riesiger Jubel aus. Mit stehenden Ovationen und einer Stimmung wie in besten Zeiten beim BFC Dynamo wurden die Parteimatadoren auf der kleinen Bühne begrüßt und jedes Einzelergebnis der Wahlbezirke enthusiastisch gefeiert.

„Wir hatten die richtigen Themen und die richtigen Leute im Wahlkampf“, jubelte der Bundesvorsitzende Lothar Bisky. „Die Leute begreifen im Westen noch immer nicht“, meinte Bisky, „daß sie uns nicht einfach anschließen können.“ Bisky forderte seine Parteifreunde auf, bei der Vertretung der ostdeutschen Interessen nicht nachzulassen.

Als schließlich die Nachricht durchsickerte, daß auch in Kreuzberg die Fünf-Prozent-Hürde genommen werden konnte, fiel den Genossen auch dieser letzte Stein vom Herzen und selbst der ansonsten zurückhaltende Bisky sprang auf und streckte die linke Faust zum Himmel.

Auch wenn man im Westberliner Durchschnitt nur auf 21, Prozent kam, hofft die PDS nun nach dieser Wahl endlich das Image abzuschütteln, im Westen nicht erfolgreich zu sein.

Allerdings waren auch nachdenkliche und kritische Stimmen zu hören. Für das Bundesvorstandsmitglied André Brie ist der Wahlerfolg in den Ostberliner Bezirken vor allem an der Basis erkämpft worden. Stadtpolitisch sei die Partei in den letzten Jahren nicht präsent gewesen. Auch der Bundesschatzmeister der PDS, Dietmar Bartsch, meinte, daß es nun darauf ankomme, die Oppositionsarbeit im Abgeordnetenhaus deutlich zu verbessern.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende Wolfgang Gehrke gab schließlich zu bedenken: „Ab Montag beginnt für die PDS der Bundestagswahlkampf 1998.“ Christoph Seils