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Langlebig, schadstofffrei und wiederverwertbar

■ Wie lassen sich gutes Leben und begrenzte Ressourcen vereinbaren – Ziele und Handlungsmöglichkeiten bei Energie, Materialverbrauch und Flächennutzung

Das 15köpfige Team aus Wuppertal hat zwei Jahre lang Ziele für den Umweltverbrauch bestimmt und Wege skizziert, auf denen gutes Leben und begrenzte Ressourcen unter einen Hut gebracht werden können. Kurzgefaßt geht es um vier Bereiche:

Energie: Der heutige Verbrauch an Kohle, Öl und Gas in Deutschland verdreckt die Luft, gefährdet das Klima und die Umwelt in den Abbaugebieten. Um die Gefährdung des Weltklimas zu minimieren, muß die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas bis zum Jahr 2050 weltweit mehr als halbiert werden – und das bei steigender Bevölkerung. Soll jeder Mensch das gleiche Recht auf diese Verbrennung haben, muß in Deutschland der Einsatz fossiler Brennstoffe bis 2050 um mindestens 80, eher 90 Prozent verringert werden. Aus Stromkonzernen müssen Energiedienstleistungsunternehmen werden, die Wärme und Licht mit möglichst wenig Energieeinsatz anbieten.

Außerdem wird eine ökologische Steuerreform gebraucht, die die Energiepreise jedes Jahr real um mindestens fünf Prozent steigen läßt. Insgesamt muß der Energieverbrauch nur halbiert werden. Diese Rechnung geht allerdings nur auf, wenn Solarenergie, Wasser- und Windkraft entsprechend entwickelt werden.

Materialverbrauch: Die Materialentnahme aus der Umwelt (Abbau von Erzen usw.) muß nach Ansicht der Wuppertaler weltweit halbiert werden. Heute verbraucht ein Fünftel der Menschen im Norden vier Fünftel der Ressourcen. 1991 wurden in der Bundesrepublik 6,1 Milliarden Tonnen Material verbraucht, 76 Tonnen pro Kopf. Sollen alle Menschen im Jahr 2050 gleich viel verbrauchen dürfen, bedeutet das für Deutschland einen Rückgang des Materialverbrauchs von wiederum 90 Prozent. Entscheidend ist ein anderer Umgang mit Produkten, so die Studie. „Wertstoffe und Produkte werden am Ende ihrer Gebrauchszeit vom Verkäufer und Hersteller zurückgenommen. Langlebigkeit, Schadstoffreiheit, Demontierbarkeit und Wiederverwertbarkeit werden neben Funktionalität und Ästhetik zu wichtigen Design-Kriterien.“

Flächenverbrauch: Straßen und Bahnstrecken bedecken inzwischen fünf Prozent der Bundesrepublik. Pro Tag werden 100 Hektar Land in der Bundesrepublik neu bebaut oder asphaltiert. Um diese Zersiedelung und Asphaltierung der Landschaft zu stoppen, schlagen die Wuppertaler vor, jedes Jahr weniger neue Flächen für Straßen und Bauprojekte in Anspruch zu nehmen. Schon im Jahr 2010 soll gar keine neue Fläche mehr in Anspruch genommen werden. Die Stadt der Zukunft sei „eine Stadt der kurzen Wege“. Gebraucht werde eine Stadtentwicklung, die verdichte „und Bodenspekulation unterbindet“. Dazu sparsame Autos, ein dichtes Schienennetz und bedarfsgerechte Bahnhöfe. Der Weg zum nächsten Bahnhof soll nicht weiter als drei Kilometer sein.

Landwirtschaft und Vergiftung: Eine ökologisch betriebene Land- und Forstwirtschaft verbraucht keine Flächen im eigentlichen Sinn. Die real existierende industrielle Landwirtschaft muß aber nach Ansicht des Wuppertal-Instituts bis zum Jahr 2010 flächendeckend in ökologischen Landbau umgewandelt werden. Die Nachfrage nach gesunden Lebensmitteln aus der Region werde dabei helfen. Aber der Staat müsse auch mit Vorschriften über die Höchstzahl von Rindern, Schweinen und Hühnern je Hektar und strengen Umweltvorschriften für Bewegung in die richtige Richtung sorgen.

Zudem müßten sich manche Lebensgewohnheiten ändern, weil Deutschland heute neben den landwirtschaftlichen Flächen im eigenen Land noch einmal einige zehntausend Quadratkilometer Fläche in anderen Ländern für seinen Konsum belegt. Ein verringerter Fleischkonsum allein würde schon helfen. 1991 brauchte jede(r) Deutsche ungefähr die Hälfte der auf ihn oder sie entfallenden landwirtschaftlichen Fläche für die Produktion von Steaks, Kotelets und Hähnchenkeulen.

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