: Eierkuchenmäßig abgefertigt
■ Heute wird das Wandbild an der HWP vom Präsidenten eingeweiht / Die MalerInnen selbst hatten anderes damit vor Von Ulrike Winkelmann
Seit Ende Juli ist es schon fertig, heute wird es der Öffentlichkeit vorgestellt, das Wandbild an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) auf dem Uni-Campus. Es soll an die jüdische Kultur im Grindel-Viertel erinnern, die durch die Shoah untergegangen ist. Der Präsident der HWP, Lothar Zechlin, wird eine Rede halten, und dann wird eine Gedenktafel an der HWP angebracht werden. Und alles wird dem Ruf der HWP und dem des Präsidenten ungeheuer nutzen.
Als sich im Oktober vergangenen Jahres eine Gruppe von Studierenden und Nicht-Studierenden gründete, um der grauen Stirnwand der HWP ein antifaschistisches Antlitz zu verpassen, hätten die Beteiligten nie gedacht, daß ihnen die Lorbeeren für ihre Mühen auf diese Weise vom Kopf gepflückt würden. Schließlich habe die HWP-Leitung ihre Arbeit „eher blockiert“, meint Katrin von der Wandbild-Gruppe. Was mit Querelen um den Entwurf im Frühjahr begann, endete nun damit, daß die MalerInnen von dem für heute geplanten Festakt eher zufällig erfuhren und schließlich hastig nachträglich eingeladen wurden.
Die HWP habe von Anfang an verhindern wollen, daß das Bild in der Öffentlichkeit die Vorstellung nährt, „eine linke Kaderschmiede zu sein“, deshalb wurde gefordert, daß keine politischen Parolen darin vorkommen sollten. Statt dessen einigte man sich auf einen Schriftzug mit Auszügen aus Nelly Sachs' Gedicht „Chor der Tröster“. Als die Malereien bereits in vollem Gange waren, fiel der Hochschul-Leitung jedoch auf, daß im Bild zwei sozialistische Wahlplakate aus den Dreißigern auftauchten. Daraufhin wurde der Gruppe das Geld vorenthalten, das der Bezirk Eimsbüttel ihr zwar zugesagt, aber der HWP überantwortet hatte. „Der Hochschulsenat“, erläutert Sigrun Nickel, Pressesprecherin der HWP, „fühlte sich hintergangen.“ Erst eine Senatssitzung im September, auf der auch Wilfried Weinke, Autor des Buches „Jüdisches Leben am Grindel“, sich für die KünstlerInnen einsetzte, schaffte wieder „Friede Freude Eierkuchen“, so Nickel.
So eierkuchenmäßig fühlt man sich bei der Wandbild-Gruppe jedoch gar nicht; auch die Möglichkeit, ihren Unmut heute kundzutun, ist ihnen genommen. Denn die Veranstaltung ist ein Teil der vom AStA der HWP organisierten „Jüdischen Kulturtage“, die noch bis zum 27. Oktober laufen. „Und dem AStA “, sagt Katrin, „wollen wir zuallerletzt schaden.“ Die „Jüdischen Kulturtage“ seien schließlich genau das, was sie sich mit ihrem Wandbild anzuregen erhofft hatten. „Aber wir sind gespannt, wie die HWP unser Bild präsentieren will, ohne seinen Inhalt erklären zu können.“ Das will die Wandbild-Gruppe am 9. November zusammen mit dem Auschwitz-Komittee selbst besorgen.
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