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Bahnhof Walle wird schön

■ ... oder auch nicht / Wie der Arbeitssenator mit der Presse ordentlich Druck macht

Wie groß ist der Unterschied zwischen einer Regierung und einer Bürgerinitiative? Manchmal nur minimal. „Achtung Redaktionen: Sanierung der Bahnhöfe kann beginnen“, so überschrieb der Bremer Senator für Arbeit gestern eine eilige Pressemitteilung. Die Nachricht ist so banal wie streng genommen falsch: Seit Jahren „kann“ die Sanierung der Bahnhöfe Walle und Oslebshausen „beginnen“, der Zustand der Bauwerke ist skandalös und eine Zumutung für die Nutzer des Citybahn-Verkehrs. Aber die Bahn-AG beginnt nicht die Sanierung. Der Arbeitssenator weiß das, nur hatte er die Idee: Wenn die Presse sowas Falsches in die Überschrift schreibt, dann macht das vielleicht Dampf.

Die Idee: mit dem Arbeitsamt zusammen will das Arbeitsressort der Bundesbahn anbieten, daß bei einer möglichen Sanierung der beiden schrecklichen Bahnhöfe (Kosten: ca. 7,5 Mio) das Arbeitsamt mit ABM-Kräften für „zusätzliche“ Arbeiten, sprich Verschönerungen, zur Hand gehen könnte. Abgesprochen mit der Bahn AG war die Idee absichtlich nicht – die sollten das aus der Zeitung erfahren, weil sowas ordentlich Druck macht, wie man aus eigener Erfahrung wohl weiß. Mehr Druck offenbar als der verabredete Besuch des Bausenators Dr. Schulte beim Vorstand der Bahn-AG in Frankfurt.

Da wir nicht Spielverderber sein wollten, haben wir wie verlangt mit der Überschrift beigetragen zum guten Zweck (s.o.). Die eigentliche Sanierung, darauf besteht das Arbeitsamt, darf nicht von ABM-Kräften gemacht werden. Aber „Aufstellen von Rankhilfen für Kletterpflanzen“, Reinigen von Flächen oder auch das „Aufstellen von Sitzmöglichkeiten (wohl nicht erwünscht)“, mit sowas könnte man schon helfen. Und wenn das durchsichtige Glasdach über dem Bahnübergang wiederhergestellt würde, rechnet der Arbeitssenator vor, dann könnte die Bahn auch den Strom für die Beleuchtung sparen. Aber wie wann was passieren könnte, darüber ist bisher nicht gesprochen worden. „Darüber müßten Gespräche geführt werden“, räumte Staatsrat Knigge ein, mit der Bahn-AG. Vorausgesetzt, die Bahn will überhaupt diese Bahnhöfe sanieren, bevor sie sie im Zuge der Regionalisierung der Bahn an Bremen abtritt. Trotz vielfältiger Regionaldirektoren und anderer leitender Beamter und Pressesprecher konnte niemand von der Bahn-AG gestern der taz die schlichte Frage erklären, warum die beiden Bahnhöfe bisher nicht saniert wurden oder wann eventuell Bauarbeiter anrücken könnten.

Peter Sörgel, Betriebsratsvorsitzender der Stahlwerke Bremen und SPD-Politiker in der Bürgerschaft, war auf die Idee mit der ABM-Initiative gekommen. „Eine Stadt kann auch von außen her zerfransen“ meinte er bedenklich. und: „Das Problem ist, daß Politik auch an Taten gemessen wird.“ K.W.

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