: Italiens Linke sucht das rechte Mittel
■ Das Mißtrauensvotum ist ein sauberer Schuß nach hinten
Das hatten sich Italiens Linksdemokraten (PDS) eigentlich ganz anders vorgestellt: Mit dem Mißtrauensvotum gegen Justizminister Filippo Mancuso sollte nicht nur ein ständiger Quälgeist aus der Regierung Dini entfernt werden. Nein, auch ein Befreiungsschlag für die Anti-Korruptions- und Anti-Mafia-Ermittler sollte es sein, die Mancuso mit ständigen Inspektionen zu paralysieren gesucht hatte. Der Fortgang der Prozesse gegen Silvio Berlusconi schien damit gesichert, die sich übers gesamte kommende Jahr hinziehenden Verfahren würden ihm den für 1996 vorgesehenen Wahlkampf gründlich versauen.
Doch nun ist alles anders. Schlimm in die Defensive geraten, steht die Mitte-links-Allianz, die die Regierung Dini gestützt hat, zerstritten mit den von ihr benötigten Helfern der Rifondazione Comunista, handlungsunfähig auch die mit dem PDS liierte bürgerliche Mitte. Mehr als einen Tag lang brachten ihre Führer nach der Ankündigung des Mißtrauensvotums gegen die Regierung Dini kein Wort heraus, und dann allenfalls moralinsaures Gestammel Marke „unwürdiges Verhalten“ (PDS- Chef Massimo D'Alema). Mehr noch: Auch das Staatsoberhaupt selbst, Präsident Oscar Luigi Scalfaro, ist nun in Turbulenzen geraten, nachdem Mancuso schwere Vorwürfe wegen angeblichen Drucks Scalfaros während der Ermittlungen gegen den Geheimdienst SISDE erhoben hat. Was Berlusconi mit all seinen Medien nicht geschafft hat, scheint dem verstrockneten Winzling aus dem Justizministerium zu gelingen: die Totaldiskreditierung der bisherigen Administration, ihres Förderers Oscar Luigi Scalfaro und vor allem der Mitte-links-Allianz, die in Meinungsumfragen bis vorige Woche noch mit guten 52 Prozent vor der Rechten geführt hatte.
Katzenjammer herrscht aber nicht nur in der „großen“ Linken des PDS, sondern auch bei jenen Intellektuellen, die sich immer mehr mit der Politik der sich modernisierenden Neokommunisten identifiziert hatten. Die RC-Mitglieder selbst haben sich längst an so manche schroffe Wendung ihrer Führer gewöhnt. Sie nehmen klaglos hin, daß man nun nicht nur mit Berlusconi, sondern mit dem Erbfeind Neofaschisten gemeinsam stimmen muß.
Um so entsetzter sieht die außerparteiliche Linke den ideellen Flurschaden, den derlei Verhalten anrichtet: „Damit sind wir nicht einverstanden!“ leitartikelt Valentino Parlato in il manifesto, und er betont, wie oft und wie sehr man die Genossen von der Rifondazione Comunista unterstützt hatte und daß man durchaus auch das Ende der Administration Dini herbeisehne, „weil man mit bloßer Verwaltung des Gegebenen keine Politik betreiben kann“. – „Aber das bedeutet doch nicht, daß der Zweck die Mittel heiligt.“
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