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In Bayern tobt der Glaubenskampf

■ Opposition kritisiert neues Kruzifix-Gesetz der Staatsregierung

München (AP/taz) – In Bayern wurde gestern die „Eröffnungsfanfare zum Glaubenskampf“ geblasen. So wertete die schulpolitische Sprecherin der bayerischen Bündnisgrünen, Petra Münzel, die erste Lesung des von der Landesregierung eingebrachten neuen Kruzifix-Gesetzes.

Ganz anders sah das Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). Gut zwei Monate nach Veröffentlichung des Karlsruher Kruzifix- Beschlusses bekräftigte er gestern, in Bayern müßten auch künftig Kreuze in den Klassenzimmern vorgeschrieben werden.

Nach dem Gesetz zur Änderung des bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes soll es im Freistaat trotz des Verfassungsgerichtsurteils bei der staatlichen Anordnung von Kreuzen in Volksschulen bleiben. Für Konfliktfälle ist eine Widerspruchsregelung vorgesehen, die allerdings nur dann greift, wenn SchülerInnen oder Eltern ernsthafte und einsehbare Gründe des Glaubens und der Weltanschauung vorbringen können. Das letzte Wort soll der Schulleiter haben. Stoiber vertrat die Ansicht, mit dieser Regelung werde dem Beschluß des Bundesverfassungsgerichts hinreichend Rechnung getragen. Die bloße Anwesenheit eines andersgläubigen Schülers reiche für das Entfernen eines Kreuzes nicht aus; statt dessen müßten die religiösen und weltanschaulichen Überzeugungen aller zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden.

Die bayerische SPD-Vorsitzende Renate Schmidt warf Stoiber vor, aus reinem Machtkalkül auf Konfrontation gesetzt zu haben. Nachdem das Urteil zunächst auch durch Fehler des BVerfG falsch ausgelegt worden sei, habe die CSU das Kreuz mißbraucht, um daraus Kapital zu schlagen. „Sie haben keinerlei Skrupel, die auf Unkenntnis beruhende Empörung allein in parteipolitische Kanäle zu leiten“, sagte Schmidt und forderte Stoiber erneut auf, die Verpflichtung zum Kreuz im Klassenzimmer in eine „Kann“-Bestimmung umzuwandeln.

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