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Sprachrohr der Stimmlosen?

Vor allem türkischstämmige Rechtsanwälte und Geschäftsleute versammelten sich zur Gründung der ersten Partei für AusländerInnen  ■ Aus Berlin Vera Gaserow

Die Farbkombination ist bewußt gewählt: Schwarz-rot-gold leuchten die Insignien am Versammlungstisch: „DPD – Demokratische Partei Deutschlands“. Man möchte nicht als das erscheinen, als das man im Vorfeld tituliert wurde: als „Türkenpartei“. Rund 70 Interessierte aus allen Teilen der Bundesrepublik waren am Sonntagmorgen im Konferenzsaal eines Berliner Drei-Sterne- Hotels zusammengekommen und beglückwünschten sich selbst zu einem „historischen Moment“. Zum erstenmal in der Bundesrepublik wurde gestern eine Partei gegründet, die sich vor allem an die sechs Millionen nichtdeutschen Einwanderer in Deutschland wenden will.

Im April dieses Jahres hatte der türkischstämmige Rechtsanwalt Sedat Sezgin aus Frankfurt die Gründung einer solchen Partei angekündigt und schon mit der bloßen Ankündigung für heftige Verunsicherung, Kritik und Spekulationen gesorgt. Gerüchte über den politischen Hintergrund der Initiatoren und ihre mögliche Nähe zur türkischen Regierung kursierten, und auch im Gründungskomitee der Partei selbst herrschte im Vorfeld Verwirrung: Einzelne Mitglieder erklärten, man stehe der CDU nahe und Ziel der Partei sei es auch, das in Mißkredit geratene Image der Türkei in Deutschland aufzupolieren.

Gestern dann präsentierte die Partei einen Programmentwurf, der sich reichlich holprig und aus politischen Versatzstücken zusammengestückelt liest, sich aber bemüht, allen Vorwürfen der Ghettobildung und der Abgrenzung gegen die deutsche Gesellschaft eine Absage zu erteilen: „Die DPD“ – so heißt es in der Präambel – „ist eine Partei, die sich für die Interessen der in Deutschland lebenden Ausländer und gegen Rassismus einsetzt. Sie wendet sich an alle Menschen, die in Deutschland ohne überheblichen Nationalismus friedlich miteinander leben wollen.“ Die DPD plädiert für die Möglichkeit zur Doppelstaatsbürgerschaft und fordert die rechtliche Gleichstellung aller bereits mehr als zehn Jahre in Deutschland lebenden Ausländer inklusive des aktiven und passiven Wahlrechtes. Rechtsextreme Parteien, so eine weitere Forderung, sollten verboten werden, zur Überwachung von Fremdenfeindlichkeit eigene Behörden geschaffen werden. Als allgemeine Zielsetzungen tauchen eher wahllose Bekenntnisse auf: Für die Trennung von Staat und Religion, für die Gleichstellung der Frau, für die soziale Marktwirtschaft und für die Nato.

Im Schnellverfahren, von der Versammlungsregie geschickt geleitet, nahmen die rund 70 Delegierten gestern das Parteiprogramm und die Satzung fast diskussionslos an. Immer wieder betonten die Redner zwar, ihre neue Partei wolle eine Partei für Ausländer und Deutsche sein. Eine Resonanz wird sie jedoch nur dann finden, wenn sie sich tatsächlich zum Sprachrohr der in Deutschland lebenden Einwanderer türkischer Herkunft macht. „Ausländer“, so erklärte Parteiinitiator Sezgin unter lautstarkem Beifall, „können sich selbst vertreten. Wir sind selbst schuld, daß wir bisher unsere Stimme nicht erhoben haben, aber dafür steht jetzt die heute gegründte DPD.“ Rund 1.000 Mitglieder zählt die DPD bis jetzt nach eigenen Angaben. Diejenigen, die sich gestern zur Gründungsversammlung trafen, gehörten vor allem der türkischstämmigen Mittel- und Oberschicht an: Rechtsanwälte, Arztinnen, Geschäftsleute, die schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben und immer noch als Ausländer gelten.

Was die DPD in ihrem Programm verspricht, findet sich in häufig viel präziserer Form auch in den Parteiprogrammen von Bündnis 90/Grüne, SPD oder FDP wieder. Gerade auf kommunaler Ebene könnte die Partei jedoch durchaus in ein Vakuum stoßen: Denn viele türkische Einwanderer fühlen sich von der Ausländerpolitik der konservativen Parteien zwar abgestoßen, andererseits können sie sich aber auch mit der Kritik der Grünen oder der SPD an der Kurdenpolitik ihres Heimatlandes nicht anfreunden. Wahlarithmetisch hätte die neue Partei selbst bei geschicktester politischer Führung kaum eine Chance: Selbst wenn alle stimmberechtigten TürkInnen sie wählen würden, käme die DPD nicht über die drei Prozent.

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