: Junge Rechte in Mitte
■ Die rechte Wochenpostille "Junge Freiheit" residiert jetzt im Mosse-Haus. "Keine Provokation der Kreuzberger Antifa"
Die rechte Wochenpostille Junge Freiheit ist umgezogen. Seit dem 18. Oktober residieren Verlag und die achtköpfige Redaktion im Mosse-Haus in Mitte. In dem erst in diesem Jahr nach umfangreichen Erweiterungs- und Sanierungsarbeiten fertiggestellten Gebäude, das um die Jahrhundertwende vom jüdischen Verleger Rudolf Mosse gebaut wurde, hat der rechte Verlag nach eigenen Angaben rund 185 Quadratmeter für eine Monatsmiete von 9.500 Mark angemietet.
Für den Chefredakteur und Geschäftsführer Dieter Stein ist der Umzug von Potsdam in das ehemalige Presseviertel der Hauptstadt ein Glücksfall. In die brandenburgische Landeshauptstadt sei „kaum eine Sau“ zum Interviewtermin gekommen, meinte er gestern gegenüber der taz. Daß der neue Sitz, wenige Meter von der Grenze zu Kreuzberg als Provokation empfunden werden könnte, glaubt Stein nicht. Das Blatt war von der Antifaszene immer wieder heftig bekämpft worden. Schließlich, so Stein, habe man sich in den letzten Jahren „in steigendem Maße“ anderen Standpunkten geöffnet.
Zu den Autoren des Blattes zählt unter anderem der frühere DDR-Bürgerrechtler und heutige Bündnisgrüne Wolfgang Templin, dessen Weg zur Redaktion nun verkürzt wurde: Templin arbeitet wenige hundert Meter vom neuen Verlagshaus der Jungen Freiheit entfernt im Mauermuseum am Checkpoint Charlie.
Spezielle Sicherheitsvorkehrungen hat der Verlag nach eigenen Angaben nicht getroffen. „Die Polizei ist über unsere Anwesenheit informiert, die Türen halten wir ansonsten immer schön geschlossen“, so Stein.
Die 1986 in Freiburg/Breisgau von rechten Studenten gegründete „Junge Feiheit“ war 1993 zunächst nach Moabit im Bezirk Tiergarten gezogen, hatte ihren Sitz aber im Herbst desselben Jahren in den Potsdamer Vorort Bornim verlegt. Das unter anderem vom CDU- Bundestagsabgeordneten Heinrich Lummer und vom rechten FDPler und Historiker Rainer Zitelmann unterstützte Blatt zählt nach Verlagsangaben offiziell 70.000 Druckexemplare. Die tatsächlich verkaufte Auflage dürfte jedoch weit darunter liegen, zumal die Junge Freiheit wegen Drohungen aus der linken Szene an vielen Kiosken nicht mehr geführt wird.
Der neue Kurs, mit dem liberale und konservative Kreise angesprochen werden sollen, hatte im vergangenen Jahr zu einem Machtkampf innerhalb des Verlags geführt. Während Stein blieb, mußten der zweite Geschäftsführer Götz Meidinger und der Kulturchef Andreas Molau gehen. Sie wollten, so Stein, „eher ein rechtes Ghettoblatt“. Severin Weiland
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