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Raus aus der Großen Koalition

■ Der bündnisgrüne Berliner Abgeordnete Bernd Köppl will die geschwächte SPD aus den "Klauen" des Bündnisses mit der CDU befreien. Mit wechselnden Mehrheiten könnte dann ein CDU-Minderheitssenat gestützt werden

taz: Herr Köppl, haben nach der Wahl nun die schwarz-grünen Sandkastenspiele begonnen?

Bernd Köppl: Schwarz-grün steht nicht auf der Tagesordnung. Der gangbarste Weg, gerade zur Wiederbelebung der SPD, wäre nach dem vertrackten Wahlausgang ein CDU-Minderheitssenat in Berlin. Wir wollen die SPD aus den Klauen der Großen Koalition befreien. Wenn uns das gelingt, hätte die Opposition im Abgeordnetenhaus eine bessere Ausgangsbasis als bislang.

Ihr Vorschlag läuft auf Abstriche bei der grünen Programmatik hinaus. Bei Verhandlungen im Parlament wären dann sowohl CDU als auch SPD Verhandlungspartner ihrer Fraktion.

Zunächst einmal wäre jede Partei gezwungen, ihre eigenen Vorstellungen ins Parlament einzubringen. Anschließend müßte sie sich dann in den Ausschüssen um mehrheitsfähige Anträge bemühen. Dabei wird es bei einigen wichtigen Großprojekten, wie etwa bei der Fusion mit Brandenburg, dem neuen Großflughafen, oder einer aktiven Arbeitsmarktpolitik, auch Übereinstimmungen mit der CDU geben. Bei vielen anderen eben nicht.

Sollen sich die Bündnisgrünen an der Wahl Eberhard Diepgens (CDU) zum Regierenden Bürgermeister beteiligen?

Nein. Dies müßte die SPD bewerkstelligen, sozusagen als letzten Akt in ihrer früheren Rolle in der Großen Koalition. Danach begänne dann die neue Phase ...

...in der die Bündnisgrünen zusammen mit der SPD bei nächstbester Gelegenheit den Regierenden stürzen?

Mein Modell setzt voraus, daß sich die Opposition der Verantwortung für die Stadt bewußt ist. Sollte sich der CDU-Minderheitssenat eine Zeitlang keine krassen Fehler leisten, müßte meine Partei natürlich auf Mißtrauensanträge verzichten. Chaos wollen wir nicht stiften.

Aber gerade wechselnde Mehrheiten sind es doch, die Instabilität bringen.

Die CDU behauptet, ohne die Beteiligung der SPD an einer Großen Koalition wäre die Stadt unregierbar. Meine Gegenthese lautet: Das veränderte Rollenspiel wird die Geschicke des Landes stärker der Verantwortung des Parlaments übertragen. Das schafft auch mehr Transparenz. Unsicher ist dieses Modell nur für die CDU, die nicht mehr – wie bisher in der Großen Koalition – automatisch die Mehrheit für ihre Vorschläge hätte.

Sollen die Grünen mit der SPD einen parlamentarischen Tolerierungsvertrag für einen CDU-Minderheitssenat aushandeln?

Das ist überhaupt nicht notwendig. Die Attraktivität des Modells liegt doch gerade darin, daß jede Partei von Fall zu Fall entscheiden kann. Der SPD brächte es den Vorteil, sich zu profilieren und jene Wähler zurückzuholen, die sie an die CDU und die PDS verloren hat.

Ihre Partei ist aber mit Rot- Grün in den Wahlkampf gezogen. Wie wollen Sie ihr Modell der Klientel vermitteln?

Wenn es eine Zukunft für Rot- Grün geben soll, muß die SPD zunächst aus der Koalition herausgelöst werden. Nur eine Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene kann neuen Schwung für beide Parteien und damit auch für das rot-grüne Projekt bringen. Das Berliner Wahlergebnis hat der Opposition unter Einbeziehung der SPD eine Mehrheit verschafft, die ihr ein Stück weit Verantwortung aufbürdet. Das, denke ich, sehen auch Teile unserer Wählerschaft genauso.

Interview: Severin Weiland

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