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Kirche mit Babytower&Pool

■ Die Bremer Baptistengemeinde begeht ihren 150. Geburtstag / Die Baptisten, von englischen Flüchtlingen in Holland gegründet, sind staatsfern und kindertauffeindlich

Die Bremer Baptistengemeinden, die hier unter „Evangelisch-Freikirchliche Gemeinden“ firmieren, feiern dieser Tage ihren 150. Geburtstag. Zum Glückwünschen kommen das Ehepaar Scherf vorbei (Frau Scherf unterstützt zusammen mit Baptisten ein Projekt in Nicaragua), Hans Koschnik aus alter Verbundenheit sowie der scherzhaft „Papst“ genannte Generalsekretär des Baptistischen Weltbundes, Pastor Denton Lotz. Dessen Opa war Bremer; er legte die erste Telefonleitung in Bremen und wanderte 1891 in die USA aus.

Am 10. November 1845 trafen sich elf Baptisten im Schlafzimmer eines Bremer Bürgers namens Zincke. Drei die großen Volkskirchen provozierende Grundsätze verbanden sie: erstens die vehemente Ablehnung der Säuglingstaufe; zweitens das sog. „Altpriestertum“, das zwischen Geistlichen und Laien nicht prinzipiell unterscheidet; drittens die biblisch begründete Trennung von Staat und Kirche. Die Baptistenbewegung selbst ist noch älter: 1611 gründeten englische Flüchtlinge die Kirche in Holland. Von hier aus gingen die Baptisten nach Amerika, wo sie die erfolgreichste protestantische Gruppierung wurden. In Europa oft verfolgt, begründeten sie mit das amerikanische Essential der Religionsfreiheit. Prominente Mitglieder: Martin Luther King, Billy Graham und Jimmy Carter.

Der Mittelpunkt der Bremer Baptisten ist die Kreuzkirche in der Hohenlohestraße (in Bremen und dem näheren Umland gibt es zusammen zwölf Gemeinden). Mangels Kirchensteuer leben die Gemeinden vom „Zehnten“ ihrer Mitglieder, die 5% steuerlich absetzen können. Reiche Gemeinden wie die Kreuzgemeinde können es sich leisten, fünf Missionare in aller Welt zu unterstützen und eine Musikschule (für 400 Schüler) zu betreiben. 590 (getaufte) Mitglieder zählt die Gemeinde, die stolz darauf ist, daß sonntags 450 Gläubige in die Kirche kommen. Das Gotteshaus selbst weist zwei Besonderheiten auf: einen „Baby-Tower“ genannten, schallschluckenden und vollverglasten Raum mit Wickeltisch, damit auch Eltern mit Säuglingen zum Gottesdienst kommen können. Sowie hinter dem Altar das oker gekachelte große Taufbecken mit angeschlossenen Umkleidekabinen für Frauen und Männer. Vier bis fünf Mal im Jahr wird hier getauft, wenn nicht gerade, wie in diesem Jahr, eine große Taufzeremonie an der Weser stattfindet.

Mission ist für die weltweit 40 Millionen Mitglieder zählende Kirche (deren einzelne Gemeinden weitgehend autonom und demokratisch strukturiert sind) existenznotwendig: Ihre Kinder werden eben nicht automatisch durch die Taufe Mitglied. Besonders erfolgreich – zum Leidwesen der orthodoxen Christen – sind die Baptisten übrigens im ehemaligen Ostblock.

Glaubt man Pastor Lotz, hat seine Kirche keinen Kummer mit leeren Gotteshäusern. Sein Bremer „Bruder“, Pastor Helms, verweist gern auf die 100 Neuzugänge in den letzten vier Jahren. An die Baptisten erinnern sich offenbar gern Menschen in Not; auch Landstreicher und Säufer werden nicht abgewiesen, sondern missioniert. Und eine recht erfolgreiche Methode der Mitgliwederwerbung scheinen auch die an Tupperparties gemahnenden „Hauskreise“ zu sein.

Rechtzeitig zum Geburtstag hat die Kreuzgemeinde der Stadt Bremen etwas Größeres geschenkt: das „Café Multikulti“ in Gröpelingen. Vielleicht aus Dank dafür, daß Bremen, im Gegensatz etwa zu Hamburg, die Baptisten nie verfolgt hat.

BuS

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