Das Portrait
: Der Treckerfahrer

■ Jochen Kulow

Hannover (taz) – Landwirt Jochen Kulow ist ein ruhiger Typ. So kommentiert der 38jährige Bauer aus dem Wendländischen Zargleben das zeitweilige Berufsverbot des Amtsgerichts Danneberg denn auch eher trocken: „Es ist nicht sehr amüsant, wenn einem im Beruf die Hände gebunden sind.“

Dem Biobauern und entschiedenen Gegner der Atomanlagen im Wendland hat das Gericht vorläufig den Führerschein entzogen. Ausgerechnet inmitten eines Rapsfeldes soll Jochen Kulow angeblich gefährlich in den Straßenverkehr eingegriffen haben. Er soll am Rande einer Protestaktion, bei der sich Kinder mit Spielzeugtreckern bewaffnet hatten, mit seinem großen Traktor auf einen Polizisten zugefahren sein. Der Beamte sei so zu einem schnellen Schritt zur Seite gezwungen worden, lautet im Kern der Vorwurf des Amtsgerichts. Die Spaßaktion richtete sich gegen den nächsten Castor-Transport.

Der große, blonde, gutgenährte Landwirt hat vor 13 Jahren den väterlichen 140-Hektar-Hof in Zargleben übernommen, der „schon immer“ im Besitz der Familie war. Den Hof hat er damals aus gutem Grund auf ökologischen Landbau umgestellt: Wie sein Vater war er von Anfang an bei Anti- Atom-Aktionen der wendländischen „Bäuerlichen Notgemeinschaft“ dabei. „Man kann doch nicht am Wochenende mit dem Trecker in Gorleben gegen die Atomindustrie protestieren und in der Woche mit der Jochen Kulow, Landwirt und AtomkraftgegnerFoto: privat

Giftspritze auf den Feldern rumfahren.“ Kartoffeln, Getreide, auch etwas Gemüse baut er heute auf seinen 140 Hektar an, hält auch Schweine und Rinder. Kulow ist zudem Bürgermeister der 500-Einwohner-Gemeinde Luckau, zu der das winzige Rundlingsdorf Zargleben gehört. Als „Freie Wählergemeinschaft“ haben in Luckau die AKW-Gegner für den Gemeinderat kandidiert.

Als dem Biobauern der Führerschein vorläufig entzogen wurde, haben prompt am nächsten Tag achtzig Bauern mit ihren Treckern demonstriert. Die Berufskollegen wollen in der Not seine Felder bestellen, Ernte und Viehfutter transportieren. Vorläufig sitzen Frau Kulow und der über siebzigjährige Vater am Steuer der Maschinen. Über die Motive für seine Verurteilung macht sich Kulow keine Illusionen. „Bei den Demonstrationen erkennt man eben an den Treckern, daß das Leute von hier sind. Und gerade das geht der Staatsmacht so auf den Senkel.“ Jürgen Voges