: Der Schlechtere siegte und schämte sich sehr
■ Das mühsame 4:3 n.V. in Homburg zeigt: Kaiserslauterns Trainer Rausch kann seine Berlin-Euphorie hauptsächlich auf eine günstige Halbfinalauslosung gründen
Homburg (taz) – „Wir als Bundesligist müssen beim FC Homburg gewinnen, eine Niederlage wäre tödlich für uns!“ Worte des nervös gewordenen FCK-Trainers Friedel Rausch nach dem 2:2 gegen den KSC letzten Samstag, die seine Spieler dann aber selbstgefällig ignorierten. Dabei hätten sie bei einem Blick auf die Statistik sehen können, daß der 1. FCK in drei gemeinsamen Bundesliga-Jahren im Waldstadion sieglos geblieben und 1991 im Pokal nur durch ein 3:1 im Elfmeterschießen weitergekommen war. Auch in Freundschaftsspielen vergangener Jahre hatten Homburgs Techniker um den legendären Manfred Lenz oft spielerisch dominiert und den Lauterer Kraftfußball ein ums andere Mal blamiert.
Gegen das vielbelächelte multikulturelle Team aus der Saarpfalz profitierten die Lauterer diesmal hauptsächlich von der Naivität des Regionalligisten in den ersten 20 Minuten. Dem 0:1 durch Pavel Kuka nach Flanke des sonst schwachen Wollitz (16.) folgte nur zwei Minuten später das 0:2 durch den gleichen Spieler: Diesmal hatte Kadlec aufgelegt.
„Das war's, das gibt eine Packung“, schrieben saarpfälzische und lothringische Schreiber die rot-weißen (!) Homburger zu schnell ab. Doch wie in der Bundesliga üblich verlor der blau- weiße (!) 1. FCK nach diesem Tor die Linie und machte seinen Gegner stark. In der 35. Minute trickste der togolesische Nationalspieler Jacques Goumai Lauterns „Held“ Harry Koch quasi auf dem Bierdeckel aus und verkürzte auf 1:2.
Und der georgische Internationale Revaz Arveladse traf kurz nach der Pause auf einen erneut indisponierten Torhüter Andreas Reinke und hob den Ball über ihn zum 2:2 ins Netz. Friedel Rausch standen da längst die Haare zu Berge.
Auch das bemerkenswerte 2:3 durch Dirk Flock aus 25 Metern hatte nicht lange Bestand. Eine Viertelstunde vor Schluß nämlich leistete Reinke seinen Offenbarungseid und nahm eine Rückgabe mit der Hand auf. Den Freistoß verlängerte der Amerikaner Rudi Collins zum 3:3. Die Lauterer hatten es, wie so oft in dieser schon jetzt verkorksten Saison, mit den Nerven. Der sonst so besonnene Co-Trainer Ignaz Good sah sich plötzlich auf der Tribüne wieder. Und Reinke setzte seine periodischen Eskapaden munter fort. Kurz vor Spielende kam der übermotivierte Bernd Hollerbach: Ausgestattet mit dem Ehrgeiz, der Spieler des 1. FCK mit den meisten roten Karten zu werden, trat er sogleich Homburgs Ästheten Goumai brutal um. „Mit Hollerbach werden wir reden, er hat der Mannschaft sehr geschadet und das Image des Vereins beschädigt!“ sagte bitterböse FCK-Präsident Norbert Thines nach dem Spiel, das zeigte, daß der Ex-Paulianer, wie auch Wollitz und Greiner, in einer Bundesligaelf nichts zu suchen hat.
Dann kam es wie? Es kommen mußte. Der moralische Sieger FC Homburg wurde drei Minuten vor dem Abpfiff der Verlängerung das Opfer seiner schwachen Abwehr. Dank Horst Siegl war der 1. FCK knapp am Glücksschießen vorbeigeschrammt. Zurück blieben Homburger Spieler, die ihr Pech nicht fassen konnten. In Kaiserslautern aber sehnen sich jetzt viele danach, daß der „neue Sforza“, Arilson Gilberto da Costa geheißen, auf dem Betzenberg eintrifft. Wenn es am 10. Februar zum Auftakt der Rückrunde gegen Borussia Dortmund geht, soll der Neue nicht weniger als der Wunderheiler des kranken Lauterer Spiels werden.
Ein Wunsch jedenfalls ging schon mal in Erfüllung: Im Halbfinale darf der 1. FCK gegen Leverkusen spielen. „Eine lösbare Aufgabe“ sagt Friedel Rausch, der seine Zuversicht allerdings hauptsächlich auf den Heimvorteil gründen kann. Da auch der Karlsruher SC Heimrecht hat, freuen sich in der Pfalz und in Nordbaden schon viele auf das Endspiel am 25. Mai in Berlin. Vorfreude ist auch eine Freude... Günter Rohrbacher-List
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