: Arbeitersamariter vor der Pleite
■ Monatlichen Verlust von 100.000 Mark durch interne Mißwirtschaft beim Bremer ASB
Das Jahr 1994 endete für den Bremer Arbeitersamariterbund (ASB) mit einem Verlust von 1,7 Millionen Mark, und auch 1995 entsteht jeden Monat ein Defizit von rund 100.000 Mark. Trotz eines Kredites von 1,5 Millionen Mark, den der ASB-Landesverband Dresden der Bremer Organisation zur Verfügung gestellt hat, ist es „nur unter sehr schwierigen Bedingungen möglich, die Zahlung der Gehälter zum 15. eines jeden Monats sicherzustellen“. So steht es in einem internen Papier der Heidelberger Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Falk & Co, die im Auftrag des ASB-Bundesverbandes den Bremer ASB im Sommer unter die Lupe genommen hat.
Die Ursache der schweren Krise des ASB – nach der Arbeiterwohlfahrt der zweitgrößte Wohlfahrtsverband im Land Bremen – liegt nach Meinung der Wirtschaftsprüfer allerdings nicht an sinkenden öffentlichen Zuschüssen, sondern an der Mißwirtschaft im eigenen Haus. Und die fängt schon im Büro der Geschäftsführung an. „Eine laufende Buchhaltung liegt nicht vor“, mußten die Wirtschaftsprüfer feststellen, „eine Ungeheuerlichkeit“. Einzelne Nachfragen über die finanzielle Situation von Teilbereichen des ASB blieben unbeantwortet: „Wir sind deshalb darauf angewiesen, daß die Buchhaltung schnellstmöglich nachgeholt wird, um die Ursachen der Verluste des Jahres 1995 erkennen zu können.“
Trotzdem haben die Wirtschaftsprüfer schon auf den ersten Blick einige Problemfelder des ASB erkannt. So sei es „unverständlich“, daß in der Finanzbuchhaltung zwar Personalkosten von rund 100.000 Mark im Jahr entstünden, Zahlen jedoch zeitnah nicht vorliegen: „Es muß die Frage gestellt werden, was die Mitarbeiter in diesem Bereich tun.“ Für die Personalbuchhaltung würde der ASB gar 200.000 Mark im Jahr ausgeben. Könne dies nicht auf weniger als die Hälfte gesenkt werden, müsse „darüber nachgedacht werden, diese Bereiche auszugliedern“.
Doch nicht nur in der Verwaltung, auch bei der Durchführung seiner Aufgaben arbeitet der ASB uneffektiv. Ein Beispiel: 340.000 Mark ließ sich der ASB allein 1993 eine eigene KFZ-Werkstatt kosten. Welche Leistungen die aber erbringt, „können wir nicht beurteilen“, schreiben die Wirtschaftsprüfer, „da Tätigkeitsnachweise nicht vorliegen“. Festgestellt wurde dagegen, daß die KFZ-Kosten im letzten Jahr enorm angestiegen sind. Ursache seien „überhöhte Versicherungsprämien“ aufgrund der „sehr hohen Schadensquoten“ bei den ASB-Fahrzeugen.
Als besonders defizitär hat sich der vom ASB vor einigen Jahren eingeführte „Hausnotrufdienst“ erwiesen. Er sei bei weitem nicht ausgelastet. Jährlichen Kosten von 330.000 Mark stünden deshalb Erlöse von nur 180.000 Mark gegenüber. „Im Ergebnis muß man diesen Bereich einstellen und versuchen, ihn an einen anderen Trüger zu übertragen, z.B. an die AWO“, schreiben die Wirtschaftsprüfer.
Der ASB ist in den vergangenen Jahren unter dem Schirm enger Beziehungen zur SPD stark expandiert. Dabei hat er sich in Bremen von seinem bundesweiten Schwerpunkt eines reinen Rettungsdienstes immer weiter in Richtung eines Wohlfahrtsverbandes mit breitem Angebot bis hin zur Betreuung psychisch Kranker entwickelt. Doch heftige personelle Querelen nach dem Abgang des in den Schwarzgeld-Klinik-Skandal um den Verwaltungsleiter des St.-Jürgen-Krankenhauses, Aribert Galla, verwickelten ehemaligen ASB-Vorsitzenden Fritz Tepperwien haben den ASB offenbar intern gelähmt. Eine Stellungnahme zu den akuten Finanzproblemen war gestern weder vom ASB-Landes- noch vom Bundesverband zu erhalten. Ase
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen