: Berliner Bank kassierte bei Wende ab
Kritik von Grünen und Bundesrechnungshof: Die Berliner Bank kassierte bei Ostberliner Wohnungsbaugesellschaften zu hohe Zinsen / Stadtbank auffällig billig gekauft ■ Von Severin Weiland
Die Berliner Bank soll nach der Übernahme der Ostberliner Stadtbank mit überhöhten Zinsforderungen bei den kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften kräftig abkassiert haben. Zur Klärung des Geschäftsgebarens während der Wende forderte gestern die finanzpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Michaele Schreyer, die SPD auf, möglichst noch in diesem Jahr eine Sondersitzung des Hauptausschusses einzuberufen. Ihrer Ansicht nach legt der kürzlich vorgelegte Bericht des Bundesrechnungshofs nahe, daß die Berliner Bank „eine Geschäftspolitik auf Kosten der öffentlichen Hand“ betrieben hat. In ihrem vertraulichen Papier hatten die Prüfer den Verkauf der Stadtbank an die Berliner Bank für 49 Millionen Mark als zu niedrig eingestuft. Ein Gutachten der Unternehmensberater KPMG war 1990 noch von 280 Millionen Mark ausgegangen.
Kritisiert wird zudem, daß die Treuhand mit keinen weiteren Geldinstituten verhandelte. Schon im Juli 1990 hatte die Berliner Bank einen Vertrag abgeschlossen, der unter anderem der DDR- Stadtbank für 12 Millionen Mark die Nutzung des Logos der Berliner Bank überließ. Schriftlich soll dem Bundesrechnungshof ein regelrechter Knebelvertrag vorliegen, der im Falle eines Scheiterns der Übernahmeverhandlungen die Stadtbank zu einer einmaligen Schadensersatzzahlung von 100 Millionen Mark und zusätzlichen 15 Millionen pro Jahr für die Logo- Nutzung verpflichtete.
Den größten Reibach dürfte die Berliner Bank mit der Übernahme von rund 11,5 Milliarden Mark an Altkrediten beim Kauf der Stadtbank gemacht haben. Diese Summe, kritisierte der Bundesrechnungshof, sei der Kaufsumme gar nicht zugrunde gelegt worden. Rund 6,5 Milliarden Mark an Krediten entfielen auf Ostberliner Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften. Bei den Zinsen für diese Kredite scheint die Berliner Bank abgesahnt zu haben. Von Oktober 1990 bis März 1993 nahm die Berliner Bank für jene Altkredite einen Zinssatz von 10,6 Prozent – rund 1 Prozent über dem damals üblichen Marktniveau.
Zu spät reagierte laut Schreyer die Finanzverwaltung auf die überhöhten Zinssätze der Berliner Bank, die damals zu 56 Prozent in Landesbesitz war.
Erst durch die sogenannte Altschuldenregelung Ende 1993 wurde der Zinssatz um rund 4 Prozent heruntergefahren. Als Gegenleistung verpflichtete sich das Land 1994, für die Schulden der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften in Höhe von 3,2 Milliarden Mark bis zum Jahr 2003 zu bürgen. Insgesamt stehen die Ostberliner Unternehmen mit 9,2 Milliarden Mark bei der Berliner Bank in der Kreide.
Trotz der gesenkten Zinssätze hatte die Berliner Bank bislang keinen Grund zum Klagen: Von Januar 1994 bis Ende Juni dieses Jahres zahlte das Land immerhin 400 Millionen Mark an Zinsen für die DDR-Altschulden.
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