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Die Macht des Kassenwarts

■ US-Präsident und Kongreß im Haushaltskrieg

Man stelle sich vor: Es ist Dienstag, und Vater Staat hat wegen Zahlungsunfähigkeit geschlossen. Nicht irgendein Staat, sondern der US-amerikanische – auch bekannt unter dem Namen „einzig übriggebliebene Supermacht“. Diese Supermacht, der das Parlament den Geldhahn zudreht, würde 800.000 Regierungsangestellte in unbezahlten Zwangsurlaub schicken, keine Reisepässe und Visa ausstellen, keine Zivilklagen verhandeln. Das Finanzministerium müßte tief in die Kasse von Pensions- und Sozialversicherungsfonds greifen, um die Zinsen für die Staatsschulden zu zahlen. Die Nasa müßte fast alle Mitarbeiter nach Hause schicken – und die Besatzung der Weltraumfähre „Atlantis“ dürfte sich glücklich schätzen, noch rechtzeitig ins All geschossen worden zu sein. Aus sicherer Entfernung kann sie nun dem Haushaltskrieg in Washington zusehen.

Der geht auch dann weiter, wenn sich die Clinton-Administration und die republikanische Kongreßmehrheit doch noch in letzter Minute auf einen Kompromiß geeinigt haben sollten. Die republikanische Strategie, die Regierung mit dem Druckmittel der Zahlungsunfähigkeit auf ihren Kurs des haushaltspolitischen Kahlschlags zu zwingen, sagt einiges über die Skrupellosigkeit ihrer Parteiführer aus. Dabei spekulieren die Republikaner darauf, daß ihnen in diesem „Showdown“ Bill Clintons notorischer Opportunismus zugute kommt und sich der Präsident am Ende auf die Vorgaben der Konservativen einlassen wird. Da ist vor allem die fiskalisch wie politisch irrwitzige Verpflichtung, innerhalb der nächsten sieben Jahre den Haushalt auszugleichen – bei gleichzeitiger Demontage des sozialen Netzes, bei Steuersenkungen und einer massiven Verlagerung von politischen Kompetenzen des Bundes an die Einzelstaaten.

Allerdings hat auch Clinton längst seinen Wahlkampf eröffnet. Wenn irgend etwas stärker wiegt als sein Opportunismus, dann ist es seine Entschlossenheit, wiedergewählt zu werden. Dazu erscheint derzeit keine Strategie geeigneter, als die wachsende Zahl jener Wähler mit offenen Armen zu begrüßen, denen die Republikaner schlicht zu weit gehen. So fällt es Clinton geradezu leicht, wieder ein paar zentrale Passagen aus seinem Wahlprogramm des Jahres 1992, „Put People First“, neu aufzulegen. Der zentrale Unterschied: Im letzten Wahlkampf konnte er noch den Aufbruch zu neuen Ufern versprechen. Heute besteht seine Rolle darin zu verhindern, daß auch die letzten Dämme brechen. Andrea Böhm, Washington

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