Vorschlag

■ Räkel dich fit und werde mindestens 75 glückliche Jahre alt

Knackarschbänke sind out Foto: Christian Schulz/Paparazzi

Auf die Frage, was er denn von Sport halte, soll Mark Twain einmal gesagt haben: „Ich bewege mich nur dann, wenn ich zur Beerdigung meiner sporttreibenden Freunde gehe.“ Nun wissen wir natürlich nicht, bei welcher körperlichen Ertüchtigung sich die Freunde von Mark Twain umgebracht haben. Doch wenn man sich all diese Menschen um die 30 anschaut, die ihre cellulitösen Speckröllchen bei Step-Aerobic und Krafttraining in winterlich überfüllten Fitneßcentern bekämpfen, hat man schon das Gefühl, daß das unmöglich gesund sein kann. So sah auch ich meine letzten Tage gekommen, als ich mich neulich mal wieder völlig abgeschlafft an den Start wagte. Es war ganz schön peinlich zu beobachten, wie eine Dame, mindestens 20 Jahre älter als ich und ebenso viele Kilos schwerer, bei jeder Übung zwei bis drei Plättchen mehr stemmen konnte. Und zwar ganz locker. Statt allgemeinen Wohlbefindens stellte sich bei mir am nächsten Tag nur ein dreitägiges Gliederreißen ein. Und auch eine Kollegin, die bis vor kurzem selbst noch fleißig ihre Eisen hob, winkt bei dem Gedanken an Fitneß neuerdings lakonisch ab: „Ich muß im Winter Kohlen schleppen, das reicht mir an Bewegung!“

Muskelkater und schweißmiefige Trainingsräume – es muß auch anders gehen. „Sport light“ pries dagegen ziemlich glaubwürdig eine dieser Damenzeitschriften. Demnach kann man seinen Körper auch auf die sanfte Art in Form bringen. Nach dem Motto „Immer schön easy“ wird anstelle von Callanetics empfohlen, einfach mal so, zum Beispiel heimlich an einer Bushaltestelle, für ein paar Minuten die Pobacken fest zusammenzukneifen. Bei nur zehn Minuten täglich könne man sich damit auf unauffällige, aber effektive Weise ein schönes strammes Hinterteil formen. Besonders interessant, wenn auch nicht sonderlich sportiv fand ich die Empfehlung, sich morgens im Bett ausgiebig wach zu räkeln. Diese Übung soll angeblich das Leben verlängern, während das Schrillen des Weckers und sofortiges Aufspringen – das habe ich irgendwie immer schon gewußt – für den Organismus einfach einen Megastreß bedeutet. Die Speckröllchen abtrainieren? Nein! Liebe ihre haptischen Reize! Hauptsache, du fühlst dich gut. Außerdem ist selbst der bewegungsscheue Mark Twain 75 Jahre alt geworden. Kirsten Niemann