Sanssouci: Vorschlag
■ Nett reaktionär: Buffalo Tom und Teenage Fanclub im Loft
Das Schöne an Buffalo Tom ist, daß man sich auf sie verlassen kann. Niemand käme auf die Idee, etwas Überraschendes von dem Trio aus Boston zu erwarten, und das ist es ja schließlich, weswegen man sich alte Freunde hält. Musikalisch werden sie zwar immer souveräner, aber auch ihre fünfte LP „Sleepy Eyed“ unterscheidet sich nur unwesentlich vom SST-Erstling aus dem Jahre 1988. Und so werden auch diesmal wieder die gemütlichen Gitarrenbreitseiten ausgerollt wie mittelschwerer Flokati und melancholisieren sie auch weiterhin den ewig gleichen Jungensproblemen hinterher. Sie sind zwar lange schon keine Anfang Zwanzig mehr, schlagen sich aber noch immer mit den unerfüllten Erwartungen ihrer Eltern, der katholischen Kirche und sonstigen unverdauten Adoleszenz-Problemen herum. Das darf man ohne Zweifel sympathisch finden. Muß man aber nicht.
Im Gegensatz zu den sich so erdverwachsen gebenden Buffalo Tom suchte der Teenage Fanclub schon immer nach dem Zitat. Als Vorbilder gaben die eklektizistischen Schotten in ihren Anfangstagen zwar komischerweise immer gerne Dinosaur Jr. an, bedienten sich dann aber eher aus der Schatulle der Beatles. Das war zwar keine sonderlich neue Idee, wurde aber immerhin durch die versuchte Umsetzung großer Popideen in einen Rockkontext halbwegs interessant. Scheitern inklusive, weshalb sich die Schotten inzwischen auf einen „sauberen, klassischen Sound“ und einen kindischen Zynismus zurückgezogen haben. Und auch am Katholizismus haben sie sich wie Buffalo Tom schon abgearbeitet: Ihre erste Aufnahme hieß „A Catholic Education“.
Aber ein Abend der Gescheiterten könnte vielleicht sogar amüsanter sein als das Gipfeltreffen der nächsten großen Dinger. Deshalb sollte man sich ruhig Buffalo Tom und Teenage Fanclub antun, weil diese Herrschaften jeweils auf ihre Weise immer noch den gleichen netten Gitarrenrock machen, für den sie vor wenigen Jahren noch als hoffnungsvoll bezeichnet wurden. Inzwischen aber gehören sie schon wieder einer, wenn vielleicht nicht aussterbenden, aber doch als reaktionär empfundenen Generation an. Bieten aber hintereinander auf derselben Bühne eine hübsche Vergleichsmöglichkeit zwischen britischer und US- amerikanischer Herangehensweise an die pathostriefende Gitarrenwand. Für beide Entwürfe ließen sich wohl kaum idealtypischere Exponenten finden. Thomas Winkler
Heute, 20.30 Uhr im Loft, Nollendorfplatz, Schöneberg
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