: Mieten spart 15 Mio
■ Die BSAG verkauft ihre 42 Niederflurzüge
Am 30.12.1995 verkauft die Bremer Straßenbahn AG (BSAG) ihre 42 schicken Niederflur-Straßenbahnen. Und eh man mit den Augen gezwinkert hat, hat sie die Bahnen wieder – gemietet. Eine Transaktion mit Spareffekt: 15 Millionen Mark bringt der BSAG dieser Dreh in den nächsten 10 Jahren ein. Gestern morgen wurden der Mietvertrag in Bremen unterschrieben.
In Zeiten knapper Bremer Kassen fällt der trübe Blick des Finanzsenators zwangsaläufig auch auf die personalintensive BSAG, die regelmäßig ordentlich Miese macht. Ihren Verlust – 1994 etwa 150 Mio. – übernimmt Bremen. Da zeigt die BSAG gern etwas vorauseilenden Spargehorsam.
Darüberhinaus wird am Flughafendamm kräftig investiert: Derzeit stellt die BSAG ihren kompletten Fahrzeugpark um. 42 Niederflurzüge sind schon angeschafft, 36 weitere folgen 1996. Da kam ein Leasingmodell wie gerufen, das seit Jahren bei der Lufthansa und der Bahn AG praktiziert wird: Die Straßenbahnen werden an eine kurzerhand an eine Abschreibungsgesellschaft verkauft. Die bezieht ihr Geld aus einem Leasingfonds, in den Reiche investieren, die dem Fiskus entgehen möchten. Dann mietet die BSAG die Bahnen zurück und zahlt an Miete weniger als für die übliche Kreditfinanzierung.
Anleger, die ab 150.000 Mark aufwärts locker haben, dürfen mit 9,1% Rendite rechnen (Zinsen plus Steuervorteile). Das versprechen die Fonds-Basteler debis Fondsmanagement (Daimler-Benz) und Allgemeine Leasing (im Eigentum mehrerer Großbanken). Die alerten Geldverwalter bejubeln denn auch in Prospekten die „bestechende Symmetrie“ ihres Leasing-Fonds - „weil alle Teilnehmer gewinnen“. Und wer verliert? Wenn die Fonds-Investoren Bremer sind, der Bremer Finanzsenator...
Er wird's verschmerzen können. Die 1,5 Millionen Mark im Jahr, die die Steuertricksereien der BSAG einbringen (BSAG-Vorstandsmitglied Karl-Hein Witt entschuldigend: „Die Welt ist nun mal so!“), nehmen sich geradezu bescheiden aus neben der Summe, die die BSAG allein an Kreditzinsen im Jahr aufbringen muß: 55 Millionen, Tendenz steigend.
Für die Fondsmanager heißt es jetzt erst mal: Reiche sammeln, die sich ein Stück Bremer Straßenbahn kaufen möchten. Man lockt sie mit der „Bonität“ der BSAG. Dahinter steckt natürlich die Bonität Bremens. Diesbezüglich schenkt debis den Kunden reinen Wein ein: „Ein Anspruch auf künftige Verlustübernahme durch die Stadtgemeinde Bremen besteht nicht.“ Macht nix: Kommt aus Bremen die Leasingrate nicht mehr, kann man die Straßenbahnen ja immer noch „am Markt verwerten“. BuS
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