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Was raschelt im Hörer

■ Abhöraffäre: SPD rechtfertigt Grundrechtsbruch und rügt GAL

„Das sind faustdicke Lügen“: GAL-Fraktionschef Willfried Maier ergriff am Donnerstag abend höchstselbst das Wort. Grund seiner Empörung: Die SPD rechtfertigt die ,Abhöraffäre' vom Januar 1995, von der auch das GAL-Abgeordnetenbüro betroffen war, und macht statt dessen der GAL zum Vorwurf, den Fall an die Öffentlichkeit gebracht zu haben.

Der Hintergrund des Skandals, der Justizpressesprecher Jürgen Weinert im April zu Fall brachte, ist einigermaßen kompliziert. Abgehört wurde eigentlich eine Santa Fu-Vollzugshelferin, die man fälschlicherweise verdächtigte, Heroin in den Knast zu schmuggeln. Soweit, so juristisch korrekt.

Doch die Telefonprotokolle über Gespräche der Frau mit GAL-Mitarbeiter Peter Mecklenburg und Pressesprecher Jürgen Weinert, die mit dem Verdacht gar nichts zu tun hatten, wurden nicht gelöscht. Schlimmer noch, sie wurden an den Sicherheitsbeauftragten der Hamburger Knäste, Hans Seemann, weitergegeben. Der dürfte sich brennend dafür interessiert haben, denn in den Mitschnitten wurde Hardliner Seemann als Bremsklotz für die Knast-Drogenpolitik des Justizsenators kritisiert.

Monatelang beschäftigte sich der Rechtsausschuß der Bürgerschaft mit dem Vorwurf und „stocherte im Nebel rum“, so Stattianer Achim Reichert. Einig waren sich die Parteien rechts der GAL darüber, daß die Abhörprotokolle nicht an die Öffentlichkeit gedurft hätten, und arbeiteten deshalb ein Petitum aus, welches das GAL-Verhalten mißbilligt. „Der eigentliche und offensichtliche Verstoß gegen die Grundsätze des Datenschutzes ist die Weitergabe durch die GAL an die Presse“, ereiferte sich SPDler und Ex-Justizsenator Wolfgang Curilla.

Diesen Vorwurf hält GALier Maier für ein absurdes Ablenkungsmanöver: „Die beiden Betroffenen, unser Mitarbeiter Peter Mecklenburg und die Vollzugshelferin, waren doch einverstanden!“ Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (25.3.92) sei „die Offenlegung eines kommunikativen Vorgangs ihr Recht“. Die Verletzung der Grundrechte, die die GAL anprangere und aufgeklärt wissen wolle, habe nichts damit zu tun, daß der Sicherheitsbeauftragte Seemann darin verwickelt sei – „auch wenn wir ihn für eine schwer erträgliche Zumutung halten.“

Silke Mertins

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