Nölle will Bildungs-Konten sperren

■ Schuletat für 1995 wird um 15,4 Millionen Mark überzogen / Streit am Dienstag im Senat

Geht es nach Finanzsenator Ulrich Nölle, werden Bremens Schulen in den nächsten zwei Jahren unaufhaltsam weiter verkommen. In einem Antrag, der am Dienstag im Senat beraten wird, fordert Nölles Finanzressort, daß die in diesem Jahr auflaufende Überziehung der Haushaltsmittel für Schulbaumaßnahmen um 13,2 Millionen Mark bis Ende 1996 vom Bildungsressort vollständig aufgefangen wird.

Unter dieser Voraussetzung wären „unaufschiebbare Reparaturen zur Sicherung des Schul- und Unterrichtsbetriebes, zur Behebung von Unfall- und Gesundheitsgefahren sowie zur Versorgung der Schüler und des Schulpersonals nicht mehr möglich“, heißt es dazu in der Senatsvorlage von Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs. Denn die vorhandenen Verpflichtungsermächtigungen im Schulbaubereich übertreffen 1996 schon heute den im Haushalt zu erwartenden Eckwert um zehn Millionen Mark.

Erstmals räumt das Bildungsressort in seiner Senatsvorlage die Haushalts-Überziehung in vollem Umfang ein. Zu den 13,2 Millionen Mark, die in diesem Jahr über den Etat für Schulbaumaßnahmen von 9,375 Millionen Mark hinaus zuviel ausgegeben werden, kommen weitere 1,8 Millionen Mark für „sonstige Investitionen“ sowie 400.000 Mark für Bafög-Darlehen. Insgesamt wird das Bildungsressort seinen Investitionshaushalt also um 15,4 Millionen Mark überziehen. Verhindern läßt sich dies bis zum Jahresende nicht mehr, denn alle entsprechenden Verträge sind längst abgeschlossen. Und bei der Landeshauptkasse harren schon „140 Rechnungen über ca. 1,8 Millionen Mark“ einer Bezahlung, heißt es in der internen Senatsvorlage.

Finanzsenator Nölle hat zu diesem Problem seiner Kollegin Kahrs den schriftlichen Rat erteilt, eine „sofortige Ausgabensperre für alle nicht gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen“ in allen Bereichen ihres Ressorts für Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sport zu erlassen sowie bei Baufirmen und Lieferanten der Behörde „eingeräumte Zahlungsziele auch in Anspruch zu nehmen“, Rechnungen also erst nach der letzten kostenlosen Mahnung zu begleichen.

Das Recht auf die Vergabe neuer Bauaufträge hatte der Haushaltsausschuß dem Bildungsressort bereits vor einigen Wochen für den Rest des Jahres entzogen, als sich die Überziehung des Haushalts abzuzeichnen begann. Vor allem zwei Gründe wurden damals im Haushaltsausschuß für die offenbar unkontrollierte Auftragsvergabe genannt.

Zum einen wollte das Bildungsressort nicht wieder in die peinliche Lage der Vorjahre 1993 und 94 geraten, in denen bewilligte Mittel für die Schulsanierung im Umfang von insgesamt über acht Millionen Mark liegengeblieben waren, weil sich zwischen Bildungs- und Baubehörde die Planungen verzögert hatten. Zum 1.1.1995 war jedoch das ehemalige Hochbauamt zum Eigenbetrieb „BreHoch“ mutiert und begann offenbar erheblich schneller zu arbeiten als zuvor. Zum anderen sind in den Monaten zwischen dem Platzen der Ampelkoalition und dem Wahltermin im Mai besonders viele Sanierungsgelder bewilligt worden. Als Folge davon war der Schulbauetat bereits bei Sommerferienbeginn überzogen.

Verantwortlich dafür waren Bildungssenator Henning Scherf und sein damaliger Staatsrat Reinhard Hoffmann, heute Chef der Senatskanzlei. Sie spekulierten offenbar darauf, daß der Schulsanierungs-Etat bis zum Jahresende ordentlich aufgestockt wird. Schließlich hatte die Bürgerschaft bereits Ende 1994 mit den Stimmen der damaligen Ampel-Koalition den Senat aufgefordert, einen Vorschlag für einen „Schulreparatur-Fonds“ vorzulegen. Eine Idee, die später auch die Große Koalition übernommen hat. Nur Geld ist bisher in dem Fonds nicht drin: Das muß erst durch den Verkauf von Staatsanteilen an Bremer Unternehmen verdient werden.

Bildungssenatorin Kahrs hat deshalb beantragt, ihr bis 1999 Zeit zu lassen, um die Etatüberziehung dieses Jahres wieder auszugleichen. Morgen muß der Senat darüber entscheiden. Ase