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Eine Träne nach Berlin

■ Leiden eines Freiburger Fußballreporters

Sie sind der Fachmann. Nein, eigentlich mehr der Sorgenonkel. Auf jeden Fall: Sie sind Journalist und schreiben über den Sport-Club Freiburg. Auf Fußball werden Sie angesprochen, darauf können Sie sich verlassen. Matze etwa kennt keine Gnade mehr. Piff, paff, haut er einem auf dem Badmintonplatz die Bälle um die Ohren. Aber das ist nur der Auftakt. Unter der Dusche geht's ans Eingemachte. „Mensch, wirklich, soll der Finke halt mal wechseln. Jemand aus der Amateurmannschaft bringen. Schlechter kann's sowieso nicht werden.“ Matze, muß man wissen, ist ein sanftes Gemüt. So still wie Zeyer, so vernünftig wie Spies. Als Fußballschreiberling zählt man für Matze zum erweiterten Kader. Zum Krisenstab. Matze ist ein Mensch voller Güte, aber daß Heinrich gegen den HSV noch spielen durfte, verzeiht einem Matze nicht leicht.

Sie haben eine Teilschuld. Sie haben das Ohr noch am Herzen der Mannschaft. Vor allem aber haben Sie den direkten Draht ins Quartier. Sie können Botschaften überbringen, wichtige Botschaften, überlebensnotwendige Botschaften. Giovannis Botschaften.

Giovanni hat eine Pizzeria, und Giovanni hat Stil. Er wartet, bis Sie mit dem Essen fertig sind. Aber keine Sekunde länger. „Du mußt es dem Trainer sagen“, sagt Giovanni, „versprich es: Das System ist gut, die Taktik ist gut, aber ...“, Giovannis Hände fliegen zur Decke, „... die Außenbahnen! Die Außenbahnen!“ Giovannis Hände krachen auf den Tisch. „Und: die Zuschauer! Madonna!“ Die Augen erbitten Beistand von oben. „Klatschen! Klatschen, wenn wir verloren haben: In Italia – wir pfeifen, pfeifen.“ Giovanni ist im Stadio del Dreisam, irgendwo in Italien – und pfeift, was das Zeug hält. Nach seinen Auftritten gibt es den Grappa umsonst.

Bei Ulla gibt's Schwarzwälder Kirschtorte. Bei Ulla ist es schön. Ulla hat keine Ahnung. Fast keine. „Du“, sagt Ulla, noch bevor der Kuchen auf den Teller kommt, „wie geht's eigentlich dem Spies?“ Früher kam man bei Ulla noch vor den Fußkranken. Früher ist vorbei.

Die Not ist groß und Freiburg ist klein. Wenn die Torpfosten Trauer tragen, sind Sie als Schreiber ein privates Medium. Bei Ihrem Erscheinen werden Sorgenfalten aufgelegt, oder Blicke verächtlich.

Der Anrufbeantworter ist die Verbindung zu einer besseren Welt. „Der Verein“, sagt die Stimme aus Berlin, „der Verein stand bisher auf meinem Tippzettel immer als Sieger. Jetzt habe ich erstmals auf Niederlage gesetzt. Sie werden gewinnen, schon weil ich immer verliere. Liebe Grüße in schweren Zeiten.“

Wir schreiben den Tag eins nach dem 2:1 gegen Rostock. Ich schicke eine Träne nach Berlin. Ulrich Fuchs

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