■ Kein Leben ohne Bußtag
: Pastöre, Protest, Posaunen

Protestantische Massenkundgebung mit Posaunen: Mit Blechbläser-Unterstützung inszenieren 10 (in Worten: zehn) Pastoren der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) heute (Mittwoch) morgen zwischen 7 und 8.30 Uhr vor dem Hauptbahnhof ein eindrucksvolles Requiem für einen lieben Verstorbenen. Im Talar wollen evangelischen Geistlichen an das erinnern, was sie den „Raub und die Einebnung des Buß- und Bettags“ nennen, und den Kirchenprotest auf Flugblättern mit den Tönen eines Posaunenquintetts unter die arbeitenden Leute bringen, die in der Kirche nicht erreichbar sind - damit der Feiertag wenigstens nicht „sang- und klanglos verschwindet“, wie die BEK-Sprecher, die Pastoren Peter Bick und Louis-Ferdinand von Zobeltitz, vieldeutig erklärten.

Bick schlug sich aber auch bußfertig an die eigene Brust: Die evangelische Kirche habe in der Diskussion um die Finanzierung der Pflegeversicherung die Bedeutung des Bußtags nicht hinreichend deutlich gemacht und „eine zu kompromißlerische Linie“ gefahren. „Wir haben da eine Kröte geschluckt; die ist unverdaulich.“ Verdauungsprobleme auch beim Deutschen Gewerkschaftsbund: Gemeinsam mit der BEK fordert der DGB Bremen, daß der Buß- und Bettag wieder ein gesetzlicher Feiertag werden möge. In der gemeinsamen Erklärung von DGB und BEK menschelt es an allen Ecken und Enden: „Eine Atempause für alle Bremer“ sei der Bußtag früher gewesen, „die Möglichkeit auszuatmen, ohne die Hektik des Alltags.“ Daß sämtliche Christenmenschen in der Hansestadt an diesem Feiertag früher tatsächlich gebüßt und gebetet haben, behaupten Kirche und Gewerkschaft in ihrer Erklärung nicht. Die vage Kompromißlinie lautet: „Eine Stadt, eine Gesellschaft braucht solche Tage, egal wie der einzelne sie nutzt.“ Die Horrorvision für das Leben nach dem Bußtag formulierte Pastor Bick sarkastisch so: „Ersatzreligion Standort Deutschland“.

Ganz nebenbei posaunte Pastor Zobeltitz noch eine Theorie heraus, warum der Bußtag und nicht, wie zunächst geplant, der Pfingstmontag für die Pflegeversicherung geopfert wurde. Seit gestern wissen wir: Die Lobby-Arbeit der gastronomischen Industrie war schuld. tk