: Bosnien-Marathon geht in die Verlängerung
■ Einigung in weiten Bereichen, doch strittige Punkte verhindern Friedensabkommen
Genf (taz) – Stillstand in Dayton: Bei den Bosnien-Verhandlungen zeichnete sich gestern nach mehrfacher Fristverlängerung durch die Vermittler eine längere Unterbrechung ab. Geplant sei die Wiederaufnahme in ein bis zwei Wochen entweder in den USA oder in Europa, verlautete aus US-Regierungskreisen. Nicht ausgeschlossen wurde, daß vor der Unterbrechung zumindest die vereinbarten Teile des von den Vermittlern vorgelegten Entwurfs für ein Bosnien-Abkommen paraphiert werden.
Der Sprecher des US-Außenministers, Burns, dementierte Äußerungen bosnischer Regierungsvertreter, die Verhandlungen seien „gescheitert“. Nach übereinstimmenden Angaben aus den Delegationen der drei Konfliktparteien konnten seit Montag nachmittag bei den Marathonverhandlungen einige Fortschritte erzielt werden. Als vereinbart gilt jetzt der künftige Status von Sarajevo als „internationale, offene Stadt“. Die bosnische Regierung soll das Zentrum, den Flughafen, die Stadtteile im Westen, Norden und Süden sowie die in diese Richtungen aus der Stadt führenden Straßen und Eisenbahnlinien kontrollieren. Die Serben müssen im Nordwesten Sarajevos einige derzeit von ihnen kontrollierte Gebiete abgeben, sollen künftig jedoch rund ein Drittel Sarajevos erhalten und auch das südöstlich gelegene Pale als Hauptstadt ihrer künftigen Teilrepublik behalten. Zwischen Sarajevo und Goražde ist eine drei bis vier Kilometer breite Landverbindung vorgesehen. Auch über die künftige Verfassung Bosniens soll vollständiger Konsens erzielt worden sein. Die Serben sollen einen Landzugang zur Adria erhalten. Im Gegenzug müssen sie Gebiete im Hinterland von Dubrovnik an die Kroaten zurückgeben. Hauptstreitpunkt war zuletzt der strategisch bedeutsame nordbosnische Posavina-Korridor bei Brčko. Die Serben bestanden weiterhin auf einer Verbreiterung auf mindestens 15 Kilometer, um künftig auch mit Flugzeugen durch den Korridor fliegen zu können. Die bosnische Regierung lehnt, unterstützt von den Kroaten, diese Verbreiterung ab und verlangt einen eigenen Zugang zum Save-Fluß bei Brčko.
Andreas Zumach Seite 8
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