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Vertragslöcher vergrößern das Ozonloch

■ Bei der Ozon-Konferenz stellt sich Deutschland zu Unrecht als Vorbild dar

Berlin (taz) – 1995 war ein Rekordjahr in punkto Ozonzerstörung in der Stratosphäre: 20 Millionen Quadratkilometer groß war das Ozonloch im letzten Monat am Ende des antarktischen Winters – doppelt so groß wie ganz Europa. Das teilte die UNO-Organisation für Meteorologie (WMO) gestern zu Beginn der internationalen Ozon-Konferenz in Wien mit. Auch in der nördlichen Hemisphäre wird die gegen UV-Strahlen schützende Schicht immer dünner. Im vergangenen Winter verzeichneten die Meteorologen einen Abbau von jedem zehnten Molekül; in Sibirien betrug das Minus gar 35 Prozent. Die Zerstörung des Ozons sei schneller gegangen als in den Vorjahren, meldete der WMO-Experte Rumen Bojkov.

Bei der Wiener Konferenz, an der VertreterInnen aus 150 Staaten teilnehmen, geht es um eine Verschärfung des 1987 ausgehandelten Montreal-Protokolls. Darin verpflichten sich die Industrieländer, ab 1996 auf die Herstellung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) zu verzichten. Die Entwicklungsländer sollen bis spätestens 2030 aussteigen. Bei der bis zum 7. Dezember dauernden Versammlung versuchen einige Staaten, auf einen internationalen Herstellungsstopp bis zum Jahr 2015 hinzuwirken. „Wir fordern deshalb die Aufstockung des Fonds für die Entwicklungsländer, in den die Industrieländer einzahlen“, sagt Birgit Siemen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND).

Doch obwohl sich die Bundesregierung brüstet, daß sie den Produktionsverzicht schon vor der Zeit hingekriegt hat, werden auch 1995 hierzulande 12.000 Tonnen voll- und teilhalogenierte FCKW verbraucht – für Kunststoffschäume, Asthma-Sprays und Kältetechnik. Die Ozonkiller werden entweder aus dem Ausland importiert oder sind recycelt; ihre Verwendung ist ganz legal.

Illegal ist hingegen die Weiterverwendung von Feuerlöschern mit bromhaltigen Halonen, die hierzulande seit 1994 verboten sind und früher beispielsweise zur Ausstattung jedes Mercedes der S-Klasse dazugehörten. 6.000 Tonnen dieses hochwirksamen Ozonkillers hätten seither entsorgt werden müssen. Tatsächlich sind aber nur 1.000 Tonnen zurückgekommen. „Entweder ist der Rest noch straftatbeständig in Betrieb oder bereits auf dem Weg in die Stratosphäre“, meint Holger Brackemann, Pressesprecher vom Umweltbundesamt. Schließlich kostet die Verbrennung eines Kilos Halon etwa 65 Mark. „Nur wenn man finanzielle Anreize zur Rückgabe geben würde, käme das Zeug tatsächlich auch zurück“, so Brackemann. Annette Jensen

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