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Thai-Virus ist ein alter Hut

■ Aids: Subtyp E wurde 1993 in Frankfurt entdeckt

Berlin (taz) – Das angeblich neu aus Thailand eingeschleppte Aidsvirus vom Typ E ist in Deutschland schon seit Jahren „unterwegs“. Die von einzelnen Wissenschaftlern als gefährlicher eingeschätzte Virusvariante wurde schon 1993 in Frankfurt in drei Fällen nachgewiesen. Unter den 50.000 HIV-Infektionen in Deutschland sind vermutlich Hunderte von E-Subtypen.

Wie die Frankfurter Virologin Ursula Dietrich der taz berichtete, habe sie 1993 Blutproben von neun Infizierten auf Virusvarianten untersucht. Ergebnis: fünfmal Subtyp B, dreimal E, einmal C. Am Max-von-Pettenkofer- Institut in München wurde Typ E in diesem Jahr ebenfalls bei deutschen Patienten gefunden. Die Münchner Virologen haben allerdings nie gezielt danach gesucht, weil sie diese Virusvariante nicht für gefährlicher halten. Der hohe Anteil von einem Drittel E-Viren, die in Frankfurt entdeckt wurden, könne Zufall und auf die kleine Stichprobe zurückzuführen sein, sagte Dietrich. Künftig sollten Neuinfektionen auf den Virustyp untersucht werden.

Pünktlich zum heutigen Welt-Aidstag hat das Thai-Virus auch das Bonner Gesundheitsministerium verwirrt. Minister Horst Seehofer (CDU) sieht sich der Tatsache gegenüber, daß seine Behörden die Situation völlig gegensätzlich einschätzen: Das Bundesamt für Sera und Impfstoffe verbreitet die Zahlen des US-Forschers Max Essex, der Subtyp E als 500mal infektiöser einschätzt. Das Robert-Koch-Institut und das Aids-Zentrum vertreten dagegen den Standpunkt, daß dies „spekulativ und äußerst umstritten“ ist. Als Reaktion hat das Ministerium am Dienstag beide Behörden aufgefordert, keine Interviews mehr zu geben. Immer mehr Beobachter glauben inzwischen, daß die ganze Aufregung eine Spätfolge des Blut-Aids-Skandals sein könnte. Damals hatte Seehofer die Spitze des Bundesgesundheitsamts wegen zu später Information gefeuert. Diesmal wurde womöglich zu früh und zu heftig Alarm geschlagen. Manfred Kriener

Interview Seite 10, Reportage Seite 11

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