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Wasserleichen kosten weniger

■ Wie Innensenator Ralf Borttscheller 3,2 Millionen Mark einsparen will

Bei der Bremer Polizei wird im nächsten Jahr wohl das ein oder andere Halfter leer bleiben müssen. Genau auf 590 Mark beziffert die „Giftliste“ des Innenressorts den einzusparenden Betrag im Haushaltsposten „Erwerb von Waffen und Gerät bei der Bereitschaftspolizei“. Nach dem Motto „auch Kleinvieh macht Mist“ hat Ralf Borttscheller knapp über 100 Sparmaßnahmen aufgelistet – von einer pauschalen Million Mark an „Personalausgaben“ bis hin zu 100 Mark „Beitrag für das deutsche Polizeisportkuratorium“. Insgesamt kommt so haargenau der vom Senat geforderte Sparbeitrag von 3,218 Millionen Mark zusammen.

Der zweitgrößte Sparposten sind 513.460 Mark, die vom Etat der Bürgerschaftswahl im Mai eingespart werden sollen. Die soll nun allerdings keineswegs wieder rückgängig gemacht werden – was ja sowieso an den Kosten nichts mehr ändern würde. Ursache für die plötzliche Chance zum Sparen ist nicht etwa die besonders niedrige Wahlbeteiligung, sondern vielmehr ein Trick, der sich auch im häuslichen Bereich großer Beliebtheit erfreut: eine dicke Rechnung kommt zur unerledigten Post und wird erst im nächsten Jahr bezahlt. Im vorliegenden Fall soll das mit einer saftigen Rechnung für die Wartung der Wahlamts-Computer geschehen.

Säumig will der Innensenator auch im Polizeibereich werden. So soll eine Rechnung über 225.000 Mark für den Kauf von Alkoholtestgeräten erst 1996 überwiesen werden. Geliefert werden sie jedoch schon in diesem Jahr. 106.000 Mark bremischer Anteil an der „Zentralstelle für die Vereinigungskriminalität“ landen erst im nächsten Jahr in Berlin.

Neben solch' unechten Sparvorschlägen bietet Borttschellers Giftliste aber auch Einblicke in Bereiche, in denen offenbar wirklich weniger ausgegeben werden soll. So zum Beispiel 82.000 Mark, die ab sofort durch die Privatisierung der Kantine bei der Bereitschaftspolizei eingespart werden sollen. Oder 43.000 Mark, die bei der „Überprüfung von Fahrschulen“ nicht mehr ausgegeben werden sollen.

Schließlich sind in der Sparliste auch geheimnisvolle Posten zu finden, die selbst Insider des Polizeiapparats nicht erklären können. So zum Beispiel eine Einsparung von 100 Mark bei den „Kosten der Zwangseinweisung von psychisch Kranken“ aus. Satte 10.000 Mark werden aus dem unappetitlichen Titel „Bergung von Leichen aus Gewässern und Leichentransporten“ gestrichen. Diese Sparquote ist aber noch nicht mit Bremens Mördern abgestimmt. Ebensowenig wie die Hochzeitspaare gefragt wurden, was sie zur Einsparung von 260 Mark bei der „Blumendekoration für Trauzimmer im Standesamt Mitte“ sagen. Ase

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