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GEW will Standards durchsetzen

■ LehrerInnen- und ErzieherInnen-Gewerkschaft beschloß harte Bedingungen für „Solidarpakt“-Verhandlungen - dann ist ein Lohnstop drin

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) war Anfang November die erste Gewerkschaft, die einen Verhandlungstermin mit dem Bremer Senat über den „Solidarpakt“ – Inhalt: Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohnverzicht auch im öffentlichen Dienst – platzen ließ. Ende vergangener Woche war die GEW wiederum die erste der angesprochenen Gewerkschaften, die ihre Verhandlungsposition festklopfte: Etwa ein Viertel der GEW-Delegierten lehnten Verhandlungen rundweg ab, drei Viertel der Delegierten formulierten satte Bedingungen.

Vor allem die, daß der Vorstoß zur Arbeitszeitverlängerung für LehrerInnen vom Tisch muß. Dies hatte Finanzsenator Nölle in seiner „Giftliste“ noch gefordert, obwohl die GEW jüngst mit dem Bildungsressort in einem Kooperationsvertrag einen anderen Weg zur Überprüfung der Arbeitsstrukturen der LehrerInnen vereinbart hatte. Erst bei konstantem Gehalt die Arbeitszeit zwei Stunden verlängert zu bekommen und dann über zwei Stunden Arbeitszeitverkürzung bei Lohnreduzierung zu verhandeln, so will die GEW nicht mit sich spielen lassen. Wenn Nölle daran festhalten will, dann hat der GEW-Vorstand den Auftrag, einen „Arbeitskampf-Ausschuß“ zu bestellen.

Die anderen Bedingungen der GEW: Absicherung der Arbeitsplatzbedingungen, das heißt der Gruppen-Frequenzen in Kita und Schule; Arbeitszeit und Eingruppierung müssen auch tarifvertraglich festgeschrieben werden. „Die Absicht des Bremer Senats, an den Kindergärten, Schulen und Hochschulen Arbeitsplätze abzubauen, lehnt die GEW ab. Entsprechende Forderungen nach Stellenstreichungen und mit Zwangsteilzeit verbundene Gehaltskürzungen sind für die GEW nicht verhandelbar.“ Auch lehnt die GEW die Verlagerung öffentlich finanzierter Staatsaufgaben auf private Träger ab.

Wenn der Senat dies alles akzeptiert, will die GEW über einen Lohnzuwachsverzicht für die mittleren und oberen Gehaltsgruppen mit sich reden lassen. Tabu sollen aber Teilzeitstellen und untere Lohngruppen sein; bei Netto-Löhnen zwischen 3.000 und 5.000 Mark soll der „Solidarpakt“ nach GEW-Vorstellung zu greifen beginnen.

Wenn die Gruppen-Frequenzen in Schulen und Kitas festgeschrieben werden, bedeutet das aber, daß für ausfallende Erzieher- und Lehrkraft-Stunden neu eingestellt werden muß, das ist für GEW-Vorstandssprecher Jan Bücking klar. Personalkosten würden dabei nicht gespart. Der GEW ist auch bewußt, daß dies nicht Sinn des „Solidarpaktes“ für den Finanzsenator ist, der einfach Geld einsparen will. „Unser Sinn der Sache ist, daß Arbeitsplätze gesichert werden“, entgegenet GEW-Sprecher Heiko Gosch. Zumindest sollen freiwerdende Stellen nicht gestrichen, sondern dank Solidarpakt wieder besetzt werden. Der Solidarpakt würde dabei auf Zeit geschlossen. In drei oder vier Jahren soll nach GEW-Vorstellung jede LehrerIn und jede Erzieherin frei wählen können, ob er/sie wieder die volle Arbeitszeit zum vollen Tariflohn arbeiten oder bei der individuellen Reduktion bleiben will. „Bremen darf kein Niedriglohnland im Bundesvergleich werden“, versichert Gosch.

Mit der ÖTV, dem größeren gewerkschaftlichen Partner des Senats bei den Solidarpakt-Verhandlungen, ist die GEW-Position zwar nicht abgestimmt, aber die Gewerkschaften sind im engen Kontakt. Die ÖTV hat Ende November dem Senat einen Brief geschrieben und darum gebeten, daß endlich verbindlich klargestellt wird, worüber eigentlich verhandelt werden soll. „Bisher haben wir nur in der Presse gelesen, daß dieser Politiker das und jener jenes sagt“, wundert sich Wohlleben. Solange die Verhandlungssache unklar ist, kann es einen Verhandlungsauftrag bei der ÖTV noch nicht geben.

Mit einem Ergebnis „noch vor Weihnachten“, wie Finanzsenator Nölle es sich einnmal gewünscht hatte, wird es dann wohl nichts mehr. Die gültigen Tarifverträge für den Öffentlichen Dienst laufen am 30. April '96 aus. Dann würde die bundesweit ausgehandelte Lohnerhöhung greifen, für die im Bremer Haushaltsentwurf kein Pfennig eingeplant ist. K.W.

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