„Hochtechnologie mit Menschlichkeit verbinden“

■ Alte Rittberg-Klinik mit neuem Konzept: Alles dreht sich um die Patientin

Das bisherige Kinderkrankenhaus Rittberg geht nach dem Umzug nach Charlottenburg als „Frauen- und Kinderklinik Pulsstraße“ neue Wege. „Wir müssen wegkommen von der arztzentrierten hin zur patientenzentrierten Behandlung“, sagt der Leiter der Frauenklinik, Heribert Kentenich. Er will „Hochtechnologie mit Menschlichkeit“ verbinden. Das bedeutet: Im Kreißsaal hängen waschfeste Tapeten statt kühler Kacheln, indirektes Licht statt greller Neonröhren schafft eine angenehme Atmosphäre. Zwei Räume sind wie Schlafzimmer eingerichtet, um die letzten Stunden vor den Wehen „so angenehm wie möglich zu gestalten“.

Kentenich sagte gestern bei der Vorstellung des neuen Konzepts, er lege Wert auf eine ganzheitliche Behandlung der Patientinnen. Das bedeutet Abkehr von der gängigen Symptombehandlung. Die Ärzte müßten „mit den Menschen nicht nur umgehen, sondern auch mit ihnen reden können“. So gehört eine Psychologin zum Team.

In der Gynäkologie will Kentenich nur noch dann operieren, wenn es unbedingt notwendig ist. „Und wenn, dann mit der modernen Knopflochchirurgie, die nur sehr kleine Narben hinterläßt.“

Stolz ist der Arzt schließlich auf die sogenannte Reproduktionsmedizin, also die Abteilung, die für Retortenbabys zuständig ist. Dabei schwört Kentenich auf die „intrazytoplasmatische Spermieninjektion“: Mittels Mikroskop injiziert der Arzt den männlichen Samen in die Eizelle.

In der Kinderklinik wurde nach diesen Prinzipien der ganzheitlichen Medizin bisher schon gearbeitet, sagten die Chefärzte der Kinderklinik, Hans-Ludwig Spohr und Hartmut Siemes. Das heißt: Die Eltern sind eng mit dem Kind verbunden, können sogar bei dem Kind übernachten. Babys, die in den Brutkasten müssen, können von Mutter oder Vater mit der „Känguruh-Methode“ an den Körper genommen werden. Die Zahl der Betten ist von 80 auf 62 reduziert worden. Die neue Klinik kostet den Träger, das Rote Kreuz, insgesamt 2,2 Millionen Mark. Von den 150 Mitarbeitern haben 110 den Umzug von Lichterfelde mitgemacht. Anfang des Jahres sollen die letzten Bauarbeiten beendet sein. Christoph Oellers